Von Ammar Karim: Nach dem Sturm auf das US-Botschaftsgelände in Bagdad durch pro-iranische Demonstranten bleibt die Lage in der irakischen Hauptstadt weiter angespannt. Schwer bewaffnete irakische Eliteeinheiten wurden am Donnerstag als zusätzlicher Schutz um das Botschaftsgelände positioniert. Die USA rechnen laut Verteidigungsminister Mark Esper mit weiteren Angriffen pro-iranischer Milizen in dem Krisenstaat. Esper drohte für diesen Fall eine harte Antwort an.
Am Dienstag hatten tausende Demonstranten das US-Botschaftsgelände in der normalerweise streng gesicherten Grünen Zone in Bagdad gestürmt. Tausende teils uniformierte Kämpfer und Anhänger der pro-iranischen Hasched-al-Schaabi-Milizen durchbrachen schließlich die Außenmauer des Botschaftsgeländes.
Erst am Mittwoch zogen die Demonstranten nach erneuten heftigen Zusammenstößen mit US-Sicherheitskräften wieder ab. Die USA machten den Iran für den Angriff auf die Botschaft verantwortlich und kündigten die Entsendung von rund 750 zusätzlichen Soldaten in die Golfregion an.
Die irakische Regierung verstärkte unter dem Eindruck der Vorfälle die Sicherheitsvorkehrungen auf den Straßen bei der Botschaft. Dutzende schwarze und bewaffnete Fahrzeuge der von den USA ausgebildeten irakischen Anti-Terror-Einheiten postierten sich bei dem Gelände.
Die US-Armee bekräftigte, das Botschaftsgelände in Bagdad sei gut geschützt. Die pro-iranischen Demonstranten hätten durch die Erstürmung "viel Rauch produziert, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen", erklärte Generalstabschef Mark Milley. Dennoch sei die US-Armee überzeugt, dass die Botschaft "sicher" sei. Es sei "sehr unwahrscheinlich, dass sie durch wen auch immer erstürmt werden kann".
Zugleich verstärkte die US-Regierung ihre Warnungen. Verteidigungsminister Esper sagte, das "provokative Verhalten" dauere nun schon seit Monaten an. "Denke ich, sie könnten (erneut) etwas tun? Ja. Und sie werden es wahrscheinlich bereuen." Die USA seien darauf vorbereitet, sich zu verteidigen und mit abschreckenden Maßnahmen gegen ein "weiteres schlechtes Verhalten" der Milizen vorzugehen.
Hintergrund der Gewalteskalation waren US-Luftangriffe auf die pro-iranischen Hisbollah-Brigaden, bei denen am Sonntag 25 Kämpfer getötet worden waren. Damit reagierte die US-Armee auf den Tod eines US-Zivilisten bei einem Raketenangriff auf einen Militärstützpunkt im Irak. Die Hisbollah-Brigaden sind Teil der pro-iranischen, überwiegend schiitischen Hasched-al-Schaabi-Milizen.
Die jüngsten Entwicklungen sorgten auch für Unruhe unter Anhängern der irakischen Protestbewegung. Sie fürchten, durch die Ereignisse an Aufmerksamkeit zu verlieren.
Seit Anfang Oktober sind im Irak hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die politischen Eliten zu protestieren. Rund 460 Menschen wurden seitdem getötet. Der Rücktritt der Regierung von Ministerpräsident Adel Mahdi Ende November konnte den Unmut nicht dämpfen. Die Demonstranten fordern den Austausch der gesamten Eliten und eine Reform des politischen Systems. Der Iran hat großen Einfluss im Irak und versucht, die Bildung einer neuen Regierung zu steuern.
In Bagdad wurde am Donnerstag erneut ein Demonstrant erschossen. Der Aktivist Saadun al-Luhaibi sei in der Nacht durch Schüsse in den Kopf getötet worden, verlautete aus Polizeikreisen. In der südlichen Stadt Nassirija wurden nach Polizeiangaben zwei Demonstranten angegriffen. Sie überlebten die Attentate.
Andernorts wurden die Proteste fortgesetzt. In Diwanija im Südirak gingen die regierungskritischen Proteste am Donnerstag weiter. Demonstranten blockierten Schulen und Verwaltungsgebäude.
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