Iran schwört Vergeltung nach gezielter Tötung von Top-General durch US-Angriff im Irak
Nach dem tödlichen US-Angriff auf einen iranischen Top-General droht im Irak eine gefährliche militärische Konfrontation. Bei einem von US-Präsident Donald Trump befohlenen Raketenangriff wurden in der Nacht zum Freitag in Bagdad der einflussreiche iranische General Kassem Soleimani und ein irakischer Milizenführer getötet. Die Führung in Teheran schwor umgehend Vergeltung, Bagdad warnte vor einem "zerstörerischen Krieg" im Irak. Die US-Botschaft in Bagdad rief ihre Bürger auf, den Irak umgehend zu verlassen.
Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei drohte den "Verbrechern", die für den Tod Soleimanis verantwortlich seien, mit "schwerer Vergeltung". Der iranische Präsident Hassan Ruhani kündigte an, sein Land und die "freien Nationen der Region" würden sich an den USA rächen.
Außenminister Mohammad Dschawad Sarif bezeichnete die Tötung Soleimanis als "extrem gefährliche" und "dumme Eskalation". Für Freitag wurde eine Sondersitzung des obersten nationalen Sicherheitsrats einberufen. Es handelt sich um das höchste iranische Gremium für Verteidigungsangelegenheiten.
Die irakische Regierung warnte vor einer verheerenden militärischen Eskalation. Der Angriff werde "einen zerstörerischen Krieg im Irak auslösen", erklärte der geschäftsführende irakische Regierungschef Adel Abdel Mahdi. Er sei zudem ein "ungeheuerlicher Verstoß" gegen die Sicherheitsvereinbarung mit den USA, die die Bedingungen für die US-Präsenz im Irak regelt.
Neben Soleimani war bei dem US-Angriff der Vize-Chef der pro-iranischen Hasched-al-Schaabi-Milizen, Abu Mehdi al-Muhandis, getötet worden. Al-Muhandiswar am Mittwoch von US-Außenminister Mike Pompeo beschuldigt worden, einer der Drahtzieher des Sturms auf die US-Botschaft gewesen sein.
Der 62-jährige Soleimani war eine Figur mit nicht nur großer militärischer, sondern auch politischer Macht. Bei der Ausweitung des iranischen Einflusses im Nahen Osten und der Golfregion spielte er eine zentrale Rolle.
Als Reaktion auf den tödlichen US-Angriff rief der einflussreiche irakische Schiitenführer Moktada al-Sadr seine vor gut einem Jahrzehnt offiziell aufgelöste Anti-US-Miliz wieder zum Kampf. Er forderte die Kämpfer seiner einst 60.000 Mann starken Mahdi-Armee auf, sich "bereit zu halten". Ein Kommandant der Hasched-al-Schaabi-Milizen rief seine Kämpfer ebenfalls in Alarmbereitschaft.
Bei Teilen der regierungskritischen Protestbewegung im Irak sorgte der Tod Soleimanis dagegen für Freudenfeiern. Auf dem Tahrir-Platz in Bagdad sangen und tanzten Demonstranten, wie ein AFP-Fotograf berichtete. Die Protestwelle richtete sich auch gegen den iranischen Einfluss im Irak.
Die US-Raketen waren nach Angaben aus irakischen Sicherheitskreisen nahe des Flughafens in Bagdad in einen Fahrzeugkonvoi der Hasched-al-Schaabi-Milizen eingeschlagen. Der Angriff erfolgte drei Tage nach der Erstürmung des US-Botschaftsgeländes in Bagdad durch tausende pro-iranische Demonstranten.
Trump habe die Tötung von General Soleimani als "defensive" Maßnahme zum Schutz von US-Personal im Ausland angeordnet, erklärte das US-Verteidigungsministerium. Soleimani habe "aktiv" Pläne für Angriffe auf US-Diplomaten und -Soldaten im Irak und der gesamten Region vorangetrieben. Seine für Auslandseinsätze zuständigen Al-Kuds-Brigaden seien für den Tod hunderter US-Soldaten sowie Mitglieder der mit den USA verbündeten Streitkräfte verantwortlich.
Trump selber äußerte sich zu dem Raketenangriff zunächst nicht. Im Onlinedienst Twitter veröffentlichte er lediglich das Bild einer US-Flagge ohne jeglichen Kommentar.
Der US-Kongress wurde nach Angaben des demokratischen Abgeordneten Eliot Engel nicht über den bevorstehenden Einsatz informiert. Der Vorsitzende des Außenausschusses im Repräsentantenhaus kritisierte dies als einen "Affront" gegen die Machtbefugnisse des Kongresses. US-Oppositionsführerin Nancy Pelosi warnte vor einer "gefährlichen Eskalation der Gewalt".
Die US-Botschaft in Bagdad forderte alle US-Bürger zur "sofortigen" Ausreise auf. Sie sollten mit Flugzeugen ausreisen, solange dies möglich sei. Andernfalls sollten sie auf dem Landweg in andere Staaten ausreisen. Die wichtigsten Grenzübergänge führen in den Krisenstaat Syrien und den Iran. Weitere Grenzübergänge führen nach Saudi-Arabien und in die Türkei.
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Sarah BENHAIDA / © Agence France-Presse