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Rechtsextreme Verdachtsfälle

Studie: Immer mehr rechtsextreme Verdachtsfälle bei Sicherheitsbehörden.

In den deutschen Sicherheitsbehörden werden nach Erkenntnissen des Mediendienstes Integration immer mehr rechtsextreme Verdachtsfälle registriert. Seit Anfang 2017 waren es allein in den Behörden der Länder 319 solcher Fälle, wie aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie anlässlich des zehnten Jahrestages des Bekanntwerdens der NSU-Mordserie hervorgeht. Bei den Bundesbehörden waren es 59 Vorkommnisse, im Bereich des Militärischen Abschirmdienstes und der Bundeswehr insgesamt 1064.

Die rechtsextreme Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) hatte über Jahre hinweg insgesamt zehn Morde, zwei Bombenanschläge und mehr als ein Dutzend Überfälle verübt. Der Zusammenhang zwischen den Taten wurde erst bekannt, nachdem am 4. November 2011 die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt tot aufgefunden wurden und Bekennervideos auftauchten.

Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sahen sich daraufhin massiver Kritik ausgesetzt. Diese bezog sich einerseits auf eine fehlenden Zusammenarbeit, andererseits gab es aber auch den Vorwurf, das Problem des Rechtsextremismus in den eigenen Reihen nicht ernst genommen zu haben.

Die Lageberichte verschiedener Behörden zu dem Thema heute zeigten, dass die Sicherheitsbehörden "das Thema ernster als zuvor" nähmen, heißt es in der Studie des Mediendienstes. "Und sie schauen genauer hin, wenn es um Rechtsextreme in ihren eigenen Reihen geht." Allerdings sehen die Studienautoren noch weiteren Handlungsbedarf.

So frage in nur sechs Bundesländern die Polizei bei Neueinstellungen regelmäßig beim Landesamt für Verfassungsschutz an, ob die Bewerber in der Vergangenheit durch rechtsextremes Verhalten aufgefallen seien. Nur zwei Bundesländer gaben zudem an, verpflichtende Aus- und Fortbildungsmodule zu Rassismus und Rechtsextremismus eingeführt zu haben.

Während der NSU-Morde seien von den Sicherheitsbehörden "viele Fehler" begangen worden, räumte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, bei einer Diskussionsveranstaltung zu der Studie ein. Es gebe zwar Erfolge, die Sicherheitsbehörden seien aber "noch lange nicht am Ende des Verbesserungsprozesses angelangt". Seine Behörde werde Rechtsextremismus "mit allerhöchster Priorität weiter bearbeiten" und "energisch gegen die Szene" vorgehen.

Was die organisatorischen Mängel bei Zusammenarbeit und Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden angeht, sah Haldenwang entscheidende Fortschritte seit der NSU-Mordserie. Das inzwischen geschaffene gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum bringe nun alle Polizeibehörden von Bund und Ländern und alle Verfassungsschutzämter an einen Tisch. "So etwas wie NSU könnte sich mit den heutigen Methoden und Arbeitsweisen der Sicherheitsbehörden nicht wiederholen", zeigte sich Haldenwang überzeugt.

mt/bk