Die jüngsten politischen Entwicklungen in Afghanistan haben zwar nicht
zu umfangreichen Fluchtbewegungen über Landesgrenzen geführt, jedoch
sind viele afghanische Flüchtlinge und Asylsuchende, die sich außerhalb
Afghanistans befinden, weiterhin von ihren Familien getrennt, da die
Verfahren zur Familienzusammenführung für sie oftmals nicht oder nur
sehr eingeschränkt zugänglich sind.
Viele wenden sich an UNHCR, weil sie verzweifelt und besorgt um die
Sicherheit und das Wohlergehen ihrer in Afghanistan oder den
Nachbarländern verbliebenen Familienangehörigen sind.
Um die Einheit der Familie zu wahren und um angesichts der
außerordentlich schwierigen Lage im Land Leben zu schützen, fordert
UNHCR Staaten auf, die Verfahren für Familienzusammenführungen zu
priorisieren und zu vereinfachen.
Der Grundsatz der Familieneinheit ist im internationalen Recht und durch
verbindliche regionale Rechtsinstrumente geschützt. In vielen Ländern
wird dieser Grundsatz auch durch innerstaatliche Gesetzgebungen
umgesetzt.
Viele Länder verfügen zwar über einen spezifischen Rechtsrahmen, der die
Familienzusammenführung von Flüchtlingen ermöglicht und dafür spezielle
Maßnahmen vorsieht, dennoch ist UNHCR besorgt, dass viele afghanische
Flüchtlinge bei der Verwirklichung dieses Rechtsanspruchs auf erhebliche
administrative Hindernisse stoßen.
Zu diesen Hindernissen gehören hohe Kosten, lange Wartezeiten und
unflexible Anforderungen an Nachweis von Dokumenten. „Familien, die
durch Flucht getrennt sind, haben keinen größeren Wunsch, als wieder in
Sicherheit zusammenleben zu können. Mehr Flexibilität bei den
Anforderungen an Nachweise durch Dokumente können hier bereits große
Abhilfe schaffen. Auch die Aufstockung der personellen Kapazitäten an
den relevanten Auslandsvertretungen würde zu einem zügigeren
Familiennachzug beitragen“, sagte UNHCR-Vertreterin in Deutschland
Katharina Lumpp. Sie betonte darüber hinaus, dass auch die
Digitalisierung Chancen bietet, Verfahren flexibler zu gestalten und
oftmals schwer planbare und durchführbare Reisen zu Botschaften und
Konsulaten erspare.
Einige Länder haben sich kürzlich zu einem beschleunigten Verfahren
verpflichtet, u. a. durch die Einführung von humanitären Visaprogrammen
und die vorrangige Durchführung von Verfahren zur
Familienzusammenführung für afghanische Flüchtlinge. UNHCR appelliert an
Staaten, diese Regelungen zu erleichtern, auszuweiten und zu
beschleunigen.
UNHCR ermutigt die Länder auch, großzügige und humane Kriterien bei der
Identifizierung von Familienmitgliedern im Rahmen dieser Programme
anzuwenden und dabei unterschiedliche Familienstrukturen zu
berücksichtigen.
Außerdem ruft UNHCR dazu auf, auch Familienangehörige außerhalb der
Kernfamilie in die Verfahren zur Familienzusammenführung einzubeziehen,
wenn ein familiäres Abhängigkeitsverhältnis vorliegt.
Angesichts der Tatsache, dass viele Botschaften und Konsulate in
Afghanistan derzeit geschlossen sind, appelliert UNHCR, die
Einschränkungen zu berücksichtigen, denen Flüchtlinge beim Versuch
ausgesetzt sind, Verwaltungs- und Dokumentenanforderungen für Einreisen
in einen Nachbarstaat zu erfüllen.
UNHCR schlägt daher vor, dass Staaten einen pragmatischeren und
flexibleren Ansatz wählen, unter anderem durch innovative
Verfahrensmodalitäten.
Auch wenn sie sich von Resettlement-Programmen unterscheiden, können
Maßnahmen zur Familienzusammenführung solche humanitären Programme
ergänzen, indem sie die sichere und legale Einreise von Flüchtlingen in
andere Länder erleichtern und dazu beitragen, dass Flüchtlinge nicht
mehr auf gefährliche, irreguläre Fluchtrouten zurückgreifen müssen. Sie
helfen dabei, Flüchtlingen den Zugang zu Schutz und langfristigen
Lösungen zu ermöglichen.
Familiennachzug für afghanische Flüchtlinge gefordert.
UNHCR ruft Staaten dazu auf, die Verfahren zur Familienzusammenführung für Afghaninnen und Afghanen zu erleichtern, deren Familien im Land oder der Region zurückgeblieben sind.