Die Grenzbarriere soll sich auf einer Länge von mehr als 100 Kilometern entlang der östlichen EU-Außengrenze erstrecken. Seit August haben tausende Migranten - meist aus dem Nahen Osten und Afrika - versucht, die polnische Grenze von Belarus aus zu überqueren. Warschau hatte in den vergangenen Wochen bereits tausende Soldaten an der Grenze stationiert, einen Stacheldrahtzaun errichtet, den Ausnahmezustand im Grenzgebiet verhängt und sogenannte Pushbacks legalisiert.
Die EU geht bei dem Andrang von Flüchtlingen von einer Vergeltungsaktion des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko für Brüsseler Sanktionsbeschlüsse aus. Vermutet wird, dass die belarussischen Behörden die Flüchtlinge gezielt an die EU-Grenzen schleusen.
Auch die Zahl der Migranten, die über Belarus nach Deutschland gelangen, ist gestiegen. Wie das Bundespolizeipräsidium Anfang der Woche mitteilte, reisten allein seit Ende September mehr als 4200 Menschen illegal aus Belarus ein. Brennpunkt der illegalen Einreisen sei die deutsch-polnische Grenze.
Polen und elf weitere EU-Mitgliedstaaten hatten die EU vergangene Woche aufgefordert, sich an der Finanzierung von Grenzbarrieren an ihren Grenzen zu beteiligen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wandte sich jedoch gegen neue "Stacheldrahtzäune und Mauern" an EU-Grenzen.
Hilfsorganisationen warnen angesichts des nahenden Winters vor einer Verschlechterung der Lage der an der Grenze festsitzenden Migranten. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR kamen bereits acht Flüchtlinge an der Grenze ums Leben.
Die UNO hat die EU und Belarus zu einer raschen Lösung für die Flüchtlinge und Migranten im Grenzgebiet aufgerufen. "Es ist inakzeptabel, dass Menschen sterben und das Leben anderer gefährdet wird. Sie sind Geiseln einer politischen Pattsituation, die jetzt gelöst werden muss", hatte Pascale Moreau, Regionaldirektorin für Europa des Flüchtlingshilfswerks UNHCR, vergangene Woche erklärt.
Auch der von Polen verhängte Ausnahmezustand an der Grenze ist umstritten, weil er Journalisten und Hilfsorganisationen den Zugang zur Grenze verbietet. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hatte Warschau deshalb aufgefordert, die Grenzgebiete für die EU-Grenzschutzagentur Frontex zu öffnen. "Es gibt momentan keine Transparenz darüber, was dort an der Grenze vor sich geht."
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