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Fragen und Antworten zur aktuellen Corona-Lage

Die vierte Welle, Impfdurchbrüche und Übertragungen durch Geimpfte: Dr. Norbert Schulze Kalthoff, Leiter des Gesundheitsamtes Münster, nimmt zu aktuellen Fragen in der pandemischen Lage Stellung.

Was genau ist ein Impfdurchbruch? 


Alle in der EU zugelassenen Impfstoffe bieten nach derzeitigem Kenntnisstand einen guten Schutz vor COVID-19. Da jedoch kein Impfstoff einen 100-prozentigen Schutz vor Infektion bietet, kann es in manchen Fällen trotz vollständiger Impfung zu einer COVID-19-Erkrankung kommen. Ein Impfdurchbruch liegt vor, wenn bei einer vollständig geimpften Person eine bestätigte SARS-CoV-2 Infektion mit Symptomatik festgestellt wird. Infektionsfälle unter Geimpften, die keine Symptomatik aufweisen, werden nicht als Impfdurchbruch bezeichnet. Mit steigender Impfquote ist aus statistischen Gründen auch ein steigender Anteil Geimpfter unter den Infektionsfällen zu erwarten – was jedoch kein Hinweis auf eine mangelhafte Wirksamkeit der Impfstoffe ist. 

Wann besteht das größtmögliche Risiko, sich trotz Impfung zu infizieren?

Unabhängig vom Impfstofftyp und der Virusvariante variiert der Impfschutz unter anderem in Abhängigkeit von Alter, Vorerkrankungen und Zeitpunkt der letztmaligen Impfung. Im höheren Alter fällt die Immunantwort nach der Impfung geringer aus als bei jüngeren Personen. Zudem sind zahlreiche Vorerkrankungen und auch die Einnahme bestimmter Medikamente mit einer verringerten Wirksamkeit der Impfung verbunden. Für bestimmte Alters- und Personengruppen werden daher Auffrischimpfungen empfohlen, die frühestens nach sechs Monaten angeboten werden sollen.

Wie groß ist die Gefahr, trotz einer Impfung schwerer an Covid-19 zu erkranken?

Aktuell steigt die Grundimmunität in der Bevölkerung durch Impfungen und erfolgte Infektionen an. Insbesondere die Menschen, die ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben, sind zum großen Teil durch Impfungen geschützt. Derzeit verbreitet sich das Virus vor allem in jüngeren Altersgruppen, die zwar in der Regel seltener schwer an Corona erkranken, allerdings trotzdem nicht von schweren Verläufen ganz ausgenommen sind. Das bedeutet, dass – wenn mehr jüngere Menschen betroffen sind – etwas höhere Inzidenzen nicht automatisch zu vielen Krankenhauseinweisungen führen und das Gesundheitssystem nicht sofort an seine Grenzen stößt. Die Bedeutung der 7-Tage-Inzidenz nimmt damit ab, die Bedeutung der Indikatoren Hospitalisierungen und Intensivstations-Behandlungen nimmt zu.

Geimpfte können auch andere Geimpfte infizieren – worauf ist zu achten?

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Geimpfter sich infiziert, ist gegenüber einem Nichtgeimpften verringert. Auch das Risiko einer Virusübertragung durch Geimpfte an Andere ist deutlich vermindert. Das Risiko, das Virus möglicherweise auch unbemerkt an andere Menschen zu übertragen, muss durch das Einhalten der Infektionsschutzmaßnahmen zusätzlich reduziert werden. Daher empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) auch nach Impfung die allgemein empfohlenen Schutzmaßnahmen (Alltagsmasken, Hygieneregeln, Abstandhalten, Lüften) weiterhin einzuhalten.

Sorgen die hohen Impfquoten in Münster zugleich für die im bundesweiten Vergleich noch relativ niedrige Inzidenz?

Die hohe Impfquote leistet zusammen mit anderen günstigen Faktoren in Münster einen wichtigen Beitrag zur relativ niedrigen Inzidenz in Münster. Aber noch wichtiger als die Betrachtung der Inzidenzentwicklung ist die Beobachtung der Häufigkeit von schweren Corona-Krankheitsverläufen. Dazu werden landesweit inzwischen regelmäßig die 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz und der COVID-Anteil an der Intensivbettenkapazität berechnet und in den zuständigen Gremien bewertet. Diesbezüglich besteht in Münster bislang kein Anlass zur Sorge.

Sind die Hausarztpraxen und Krankenhäuser für eine vierte Welle gerüstet?

Wir haben in Münster ein sehr leistungsfähiges Netz der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung. Die lange Pandemielaufzeit hat dazu beigetragen, dass kurzfristige Anpassungen bei der Festlegung von Prioritäten möglich sind. So können im Bedarfsfall plan- und verschiebbare Eingriffe, Behandlungen oder Vorsorgeuntersuchungen verschoben werden, wenn durch das Infektionsgeschehen (z.B. Influenza, COVID-19, RS-Virus) eine vordringlichere Versorgung von Patienten notwendig wird.

Sind die Infektionsraten von 2020 und 2021 vergleichbar – und welche Erkenntnisse lassen sich daraus ziehen?

Die Infektionsraten sind zwar vergleichbar, aber nicht die gesundheitlichen Auswirkungen auf besonders gefährdete Gruppen (> 70-Jährige, Immunsupprimierte, schwerwiegende Begleiterkrankte etc.). Außerdem hat sich das Leben in vielen Bereichen trotz gewisser Einschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen wieder normalisiert. 

Sind Schnelltests zur Eigennutzung und einfache Mund-Nase-Masken für Geimpfte empfehlenswert? Antigenschnelltests können hohe Viruslasten bei Ungeimpften und Geimpften nachweisen, das Ergebnis ist aber abhängig von der Qualität des Tests sowie der Probenentnahme und Durchführung. Ein negatives Ergebnis kann eine Infektion nicht sicher ausschließen. Bei bestehender Symptomatik einer Atemwegsinfektion ist daher unabhängig vom Ergebnis eines Antigentests eine vorübergehende häusliche Isolierung zu empfehlen und ggf. eine Testung über den Hausarzt zu veranlassen. Allgemein zählen die bekannten AHA+L-Regeln (Abstand halten, Hygiene beachten, im Alltag Masken tragen und lüften) zu den wichtigsten Maßnahmen gegen Übertragungen. Diese Maßnahmen sind einfach umzusetzen und schützen auch vor neuen Virusvarianten. Da eine Übertragung auch durch geimpfte Personen nicht ausgeschlossen werden kann, sind diese Maßnahmen für alle Menschen unabhängig von ihrem Impfschutz empfehlenswert.

Stellen neue Varianten eine größere Gefahr für Geimpfte dar?

Alle in der EU zugelassenen Impfstoffe sind auch gegen die bislang bekannten Virusvarianten wirksam und bieten einen hohen Schutz insbesondere vor schweren Krankheitsverläufen. Wichtig für die bestmögliche Wirkung ist eine vollständige Impfserie, welche je nach Impfstoff in der Regel aus zwei Einzeldosen besteht, die in einem bestimmten Abstand verabreicht werden. Bei unvollständiger Impfung existieren Hinweise auf eine deutlich verringerte Schutzwirkung. 

Sind Grippeschutz- und Coronaschutzimpfung zu vereinbaren?

Ja. Die COVID-19-Impfung kann gleichzeitig mit anderen sogenannten Totimpfstoffen verabreicht werden. Die Impfung soll jeweils an unterschiedlichen Gliedmaßen erfolgen. Unter der Voraussetzung, dass eine Indikation zur Impfung sowohl gegen Grippe als auch gegen COVID-19 besteht, ist die gleichzeitige Verabreichung beider Impfstoffe möglich. Vor der Impfung sollte eine ausführliche Aufklärung durch die Ärztin oder den Arzt erfolgen. Bei der gleichzeitigen Gabe von COVID-19-Impfstoffen und Grippe-Impfstoffen sind jedoch vermehrte Impfreaktionen möglich: Es können vor allem lokale Nebenwirkungen an der Injektionsstelle (Schmerz, Rötung, Schwellung) sowie systemische Reaktionen (beispielsweise Fieber, Müdigkeit) auftreten. Die Beschwerden verschwinden in der Regel nach einigen Tagen. Es wird daher von vielen Ärzten empfohlen, im Regelfall nicht gleichzeitig zu impfen, sondern einen ein bis zweiwöchigen Abstand zwischen den beiden Impfungen einzuhalten.

Können Auffrischimpfungen Impfdurchbrüche verhindern?

Infektionen bei Geimpften verlaufen mehrheitlich deutlich milder oder sogar symptomlos. Gem. RKI-Definition wird bei der Infektion eines vollständig Geimpften auch nur von einem Impfdurchbruch gesprochen, wenn Symptome vorhanden sind. Auch Auffrischimpfungen können Impfdurchbrüche nicht zu 100 % verhindern, sie werden aber immer unwahrscheinlicher.

Sollten sich auch Genesene dreifach impfen lassen? 

Nein. Bei durch PCR-Testung gesicherter SARS-CoV-2-Infektion soll die notwendige eine Impfstoffdosis in der Regel ca. zehn Monate nach der Infektion gegeben werden. Die derzeit verfügbaren Daten belegen eine Schutzwirkung für mindestens sechs bis zehn Monate nach überstandener SARS-CoV-2-Infektion. Das Risiko für eine Re-Infektion ist in den ersten Monaten nach einer gesicherten SARS-CoV-2-Infektion sehr niedrig, kann aber mit zunehmendem Zeitabstand ansteigen. Die Gabe der einmaligen Impfstoffdosis ist bereits ab vier Wochen nach dem Ende der COVID-19-Symptome möglich, wenn z.B. eine Exposition gegenüber neu aufgetretenen Virusvarianten anzunehmen ist, gegen die eine durchgemachte SARS-CoV-2-Infektion alleine keinen längerfristigen Schutz mehr vermittelt.

Wen erreichen Sie mit welchem Erfolg über die Impfaktionen der KoCI?

Die koordinierende Impfeinheit (KoCI) des Gesundheitsamts hat seit ihrem Bestehen am 1. Oktober dieses Jahres im Rahmen von mobilen Impfaktionen über 800 Corona-Impfungen in Münster organisiert. Damit konnten Personengruppen erreicht werden, die über das reguläre Angebot der niedergelassenen Ärzteschaft oder durch betriebsmedizinische Impfaktionen bislang nicht erreicht werden konnten. Es werden auch noch weitere mobile Impfaktionen in Münster stattfinden. Darauf wird dann jeweils über die Homepage der Stadt, die Presse und/oder direkte Ansprache bestimmter Zielgruppen hingewiesen werden.

Was empfehlen Sie Nicht-Geimpften in der aktuellen Lage? 

Warten Sie nicht auf bessere Impfstoffe oder ein Verschwinden des Coronavirus und überwinden Sie Ihre Bedenken und Ängste vor einer Impfung. Bis zum 29. Oktober 2021 wurden weltweit fast 7 Milliarden Impfstoffdosen gegen das Coronavirus (COVID-19) verabreicht. Allein in Deutschland bislang 111.396.022!  Es konnten also mehr als genug Erfahrungen dafür gesammelt werden, dass der Nutzen der Impfung für den Einzelnen und für die Gemeinschaft die Risiken um ein Vielfaches übersteigt. Bedenken Sie, dass die Zahl der Todesopfer im Zusammenhang mit dem Virus sich auf mehr als 5 Millionen weltweit beläuft. Darüber hinaus dürfte es in vielen Ländern eine nicht unerhebliche Dunkelziffer von Todesfällen geben, die auf eine Corona-Virusinfektion zurückzuführen sind.


©Stadt Münster