Die Booster-Impfung solle "grundsätzlich allen Personen angeboten werden, die diese nach Ablauf von sechs Monaten nach Abschluss der ersten Impfserie wünschen", heißt es in dem Entwurf von Spahns Ministerium für die bevorstehende Gesundheitsministerkonferenz, die am Donnerstag und Freitag im bayerischen Lindau stattfindet. Schwerpunktmäßig sollten diese Impfungen besonders gefährdeten Menschen angeboten werden - "wobei vor allem Alten- und Pflegeheime in den Fokus zu nehmen" seien.
Nach Spahns Vorstellungen sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) der Länder sowie die an der Impfkampagne beteiligten Ärztinnen und Ärzte aktiv über die Empfehlung und das Angebot von Auffrischungsimpfungen informieren. Die Länder sollten insbesondere "alle über 60-jährigen Bürgerinnen und Bürger über die Empfehlung zur Auffrischimpfung informieren".
Eine Auffrisch-Impfung für alle Menschen ab 60 empfiehlt auch die Gesundheitsministerkonferenz; die Ständige Impfkommission (Stiko) tut dies erst für Menschen ab 70. Daran fühlt sich auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung gebunden. "Jetzt Booster-Impfungen wahllos für alle zu empfehlen, macht keinen Sinn", sagte KBV-Chef Andreas Gassen in Berlin. Die Kassenärzte hielten sich "sehr stringent" an die Stiko-Empfehlung.
Auch Stiko-Chef Thomas Mertens bekräftigte die Empfehlung für Auffrischungen ab 70. In dieser Altersgruppe steige das Risiko einer schweren Erkrankung nach einer Ansteckung, sagte er in Berlin. Zudem sollten sich Menschen mit einer Immunschwäche, medizinisches Personal sowie jene boostern lassen, die das Präparat von Johnson und Johnson bekommen haben. Es wird nur einmal verabreicht.
Die Stiko will aber in einigen Wochen entscheiden, ob sie doch noch Auffrischungsimpfungen für alle empfiehlt. Es gebe Daten aus internationalen Studien, die dafür sprächen, sagte Mertens den Funke-Zeitungen. Es müsse geprüft werden, inwieweit dies auf Deutschland übertragbar seien,
Nach Ansicht Gassens sollten bis Jahresende 15 Millionen Menschen eine Auffrischung bekommen. Über zwei Millionen seien bereits geboostert. Die Arztpraxen könnten pro Woche 3,5 Millionen Impfungen vornehmen.
Ärztepräsident Klaus Reinhardt hält Impfzentren für eine Möglichkeit, die Corona-Impfungen in Deutschland weiter in Gang zu halten. Wo es die Situation erfordere, könnten Impfzentren "eine Hilfe sein", sagte er am Rande des Deutschen Ärztetags in Berlin. "Wenn wir an vielen Stellen impfen können, umso besser ist das." Spahn hatte die Wiederöffnung der Impfzentren vorgeschlagen, auch in dem Papier für die GMK wird dies bekräftigt.
Zugleich mahnte Reinhardt eine einheitliche Strategie an. Es wäre gut, wenn die Stiko sowie die Gesundheitsminister von Bund und Ländern zu einer einheitliche Sprache fänden. Andernfalls sei das Thema für die Menschen "verwirrend".
Für den Bund-Länder-Gipfel sind Donnerstag oder Freitag kommender Woche im Gespräch, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Länderkreisen erfuhr. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU), bezeichnete ein Treffen in der kommenden Woche als "sachgerecht, was Tempo und Gründlichkeit der Vorbereitung betrifft". Nach Angaben von "Business Insider" will die SPD-Seite aber erst die Gesundheitsministerkonferenz abwarten, bevor ein möglicher Termin festgelegt werden soll.
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