Die Gefechte schüren Sorgen, dass es zu einer ähnlichen Eskalation wie im vergangenen Jahr kommen könnte. Damals hatten sich Armenien und Aserbaidschan im Konflikt um die Kaukasus-Region Berg-Karabach sechswöchige schwere Kämpfe geliefert. Mehr als 6500 Menschen wurden dabei getötet.
EU-Ratspräsident Michel bemühte sich um Deeskalation. Er telefonierte am Dienstag sowohl mit dem aserbaidschanischen Staatschef Ilham Alijew als auch dem armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan. Anschließend teilte Michel im Onlinedienst Twitter mit, die EU arbeite mit beiden Partnerländern zusammen, um "die Spannungen auszuräumen" und auf einen "wohlhabenden und stabilen Südkaukasus hinzuwirken".
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Eriwan stand die Zahl der bei den jüngsten Gefechten getöteten armenischen Soldaten zunächst noch nicht fest. Dies werde noch geprüft. Der aserbaidschanische Versuch, die Grenze zu "durchbrechen", sei zurückgeschlagen worden. Doch gerieten nach diesen Angaben zwölf armenische Soldaten in aserbaidschanische Gefangenschaft. Zwei armenische Armeestellungen seien an die feindlichen Truppen verloren gegangen.
Das Verteidigungsministerium in Baku erklärte seinerseits, armenische Soldaten hätten am Dienstag aserbaidschanische Stellungen in den Provinzen Kalbadschar und Latschin angegriffen. Beide Provinzen hatte Armenien nach den schweren Kämpfen im vergangenen Jahr an Aserbaidschan abtreten müssen.
Bei dem armenischen Angriff am Dienstag habe es sich um eine "großangelegte Provokation" gehandelt, erklärte das Verteidigungsministerium in Baku. Zwei aserbaidschanische Soldaten seien verletzt worden. Der "Vormarsch des Feindes" sei jedoch gestoppt, die armenischen Einheiten umzingelt und armenische Militärs festgenommen worden, hieß es. Zu der Zahl der festgenommenen armenischen Soldaten machte das Ministerium keine Angaben.
Die Regierung in Eriwan rief Moskau zu militärischem Beistand auf. Russland solle dabei helfen, "die territoriale Integrität Armeniens zu schützen", sagte der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats, Armen Grigorjan. Russland gilt als militärische Schutzmacht Armeniens, unterhält aber gute Beziehungen auch zu Aserbaidschan.
Bereits am vergangenen Wochenende hatten sich Armenien und Aserbaidschan gegenseitig beschuldigt, im Grenzgebiet das Feuer eröffnet zu haben. Die beiden ehemaligen Sowjetrepubliken sind seit langem verfeindet, die Kontrolle über die Region Berg-Karabach ist ihr Hauptkonfliktpunkt.
Die Spannungen zwischen den Nachbarstaaten bestehen weiter, nachdem ihr bewaffneter Konflikt im vergangenen Jahr unter Vermittlung Russlands beendet worden war. In den vergangenen Monaten kam es immer wieder zu Schusswechseln zwischen armenischen und aserbaidschanischen Soldaten.
Nach den sechswöchigen Kämpfen um Berg-Karabach im Herbst 2020 hatte Armenien gemäß der Waffenstillstandsvereinbarung große Gebiete an Aserbaidschan abtreten müssen, die es jahrzehntelang kontrolliert hatte. Viele Armenier sehe darin eine nationale Demütigung. In Aserbaidschan wird der Ausgang des Konflikts als Triumph gesehen.
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