Die großen europäischen Lebensmittelhändler tragen auch mit ihrem Angebot vermeintlich ökologischerer Zuchtfische weiter zur Überfischung der Meere bei. Das ist das Ergebnis eines neuen Berichts der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zusammen mit Changing Markets. Die Händler und ihre Zulieferer präsentieren Fische aus sogenannten Aquakulturen als Lösung, wie Fisch angeboten werden könne ohne die Meere zu überlasten. In den Aquakulturen werden die Fische speziell für den Verzehr gezüchtet, wichtige Bestände im Meer könnten dadurch geschont werden. Doch das System hat einen gewaltigen Fehler: Das Futter für die Zucht besteht wiederum zu einem erheblichen Teil aus Wildfischen. Jedes Jahr werden circa 20 Millionen Tonnen Wildfisch zu Fischmehl und -öl verarbeitet – das sind fast 20 Prozent des weltweiten Fischfangs. Aktuell landet jeder sechste weltweit gefangene Wildfisch als Futter in den Mägen von Zuchtfischen. Zwar wäre es möglich, die Verfütterung von Wildfisch in Aquakulturen zu stoppen. Doch keiner der größten europäischen Lebensmitteleinzelhändler ergreift ausreichende Maßnahmen dafür, deckt der Bericht auf. Das gilt auch für Groß- und Einzelhändler in Deutschland wie Aldi, Lidl und Edeka.
„Aquakultur ist keine umweltschonendere Alternative zur Fischerei, solange die Zuchtfische mit Wildfisch gefüttert werden. Die Groß- und Einzelhändler inklusive der bekannten Supermarktketten müssen deshalb ihrer Verantwortung gerecht werden. Sie dürfen keinen Fisch aus Aquakultur mehr verkaufen, der mit Wildfisch gefüttert wurde. Um das zu gewährleisten, müssen die Unternehmen ihre Lieferketten transparent und nachhaltig gestalten. Es gibt bereits nachhaltige Alternativen wie pflanzliche Futtermittel für Zuchtfische, die die Meere nicht zusätzlich belasten. Sie müssen jetzt genutzt werden, verbindlich und überprüfbar“, so Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Keiner der untersuchten Einzelhändler hat ein konkretes Ziel für die Verringerung und letztendlich vollständige Vermeidung von Wildfängen in Futtermitteln. Deshalb kann keines der Unternehmen ausschließen und somit verhindern, dass seine Aquakultur-Lieferkette die marinen Ökosysteme und die Lebensgrundlagen der Menschen schädigt.
„Europas Lebensmittelhändler machen es Verbraucherinnen und Verbrauchern fast unmöglich, auf einem Produkt aus Fischzucht zu erkennen, ob Wildfisch im Futtermittel enthalten war. Die Produkte müssen endlich eindeutig gekennzeichnet sein. Zusätzlich sollten Verbraucherinnen und Verbraucher auch ihren Konsum überdenken, Fisch bewusst genießen und auf umweltfreundlichere Fischarten ausweichen – es gibt unzählige leckere Karpfen- und Muschelrezepte“, ergänzt Katharina Fietz, Referentin für Meeresnaturschutz bei der DUH.
Hintergrund:
Die Ergebnisse basieren auf einer vergleichenden Untersuchung von 33 führenden europäischen Lebensmitteleinzelhändlern, die Changing Markets und Partnerorganisationen zwischen März 2020 und Mai 2021 durchgeführt haben. Der gemeinsame Bericht bietet einen Überblick, wie die größten europäischen Supermarktketten mit der Beschaffung von Zuchtfisch umgehen.
Links:
Den Bericht „Floundering Around: Europas größte Einzelhändler zwischen ersten Erfolgen und Scheitern an ökologischen und sozialen Herausforderungen der Fischzucht“ finden Sie hier: http://l.duh.de/p211118b
Mehr Information zur Problematik Aquakultur: https://www.duh.de/futter-bei-die-fische/
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