Zwar müssen sich die Aktionäre mit Blick auf die Dividende weiter in Geduld üben, und auch unter dem Strich hat der Konzern nach wie vor kein Geld verdient. Doch auf der Habenseite steht, dass mit Ausnahme von Multi Tracks, der Einheit, in der die aussortierten Geschäfte gebündelt sind, alle Segmente in die schwarzen Zahlen zurückgekehrt sind.
Das eigentlich Erfreuliche aber ist der Ausblick. In diesem spiegelt sich die Zuversicht, mit dem Umbau auch tatsächlich ans Ziel zu gelangen. Dass auf dem Weg dorthin Unwägbarkeiten lauern - allen voran was die Lieferkettenproblematik in zahlreichen Abnehmerbranchen betrifft -, ist nur natürlich. Doch darf man getrost davon ausgehen, dass diese in der Prognose berücksichtigt sind. Und dennoch haben sich die Essener zum Ziel gesetzt, im neuen Geschäftsjahr einen Jahresüberschuss von "mindestens 1 Mrd. Euro" zu erwirtschaften. Es wäre der größte Überschuss seit dem Geschäftsjahr 2007/08.
Da Vorstandschefin Martina Merz nicht dazu neigt, das Blaue vom Himmel zu versprechen, darf die Prognose als konservativ gelten. Das trifft insbesondere auch auf die Cash-flow-Planung zu. Denn im laufenden Turnus soll der Mittelabfluss lediglich gestoppt werden. Damit wäre aber zumindest der Weg für die Wiederaufnahme der Dividendenzahlung frei.
Klar ist aber auch, dass die Prognose mit der Entwicklung der Stahlsparte steht und fällt. Denn wenn man ins Kleingedruckte schaut, hängt es vornehmlich an Steel Europe, ob das operative Gruppenergebnis im Zielkorridor von 1,5 bis 1,8 Mrd. Euro landet. Die Sparte, deren Verselbständigung in Arbeit ist, soll ihr operatives Ergebnis nämlich um mindestens 1 Mrd. Euro steigern. Im abgelaufenen Turnus hatte das Stahlgeschäft nur 116 Mill. Euro zum operativen Ertrag der Gruppe beigesteuert. Das lag nicht zuletzt an langlaufenden Lieferverträgen, welche die gestiegenen Stahlpreise erst mit Zeitverzug - also 2020/21 - in der Gewinnrechnung von Thyssen ankommen lassen.
Unabhängig davon dürfte der Stahlboom allerdings den Gipfel überschritten haben, was einen etwaigen Spin-off sicher nicht erleichtert. Zumal Thyssenkrupp, was die Überlegungen zur Verselbständigung betrifft, auf politische Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel verweist, in deren Händen es letztlich auch liege. Wenn aus dem Plan nichts wird, stehen die Schuldigen also zumindest schon einmal fest.
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