Kinder- und Jugendmediziner warnten derweil eindringlich vor erneuten Schulschließungen im Kampf gegen die Pandemie. "Ich plädiere dringend dafür, den Schulbetrieb während der gesamten vierten Welle aufrechtzuerhalten", sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Jörg Dötsch, der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Sonntagsausgabe).
"Wir haben in verschiedenen Untersuchungen festgestellt, dass die Hauptansteckungen bei Kindern und Jugendlichen eben nicht in den Schulen passieren, sondern im familiären Umfeld", argumentierte Dötsch. Zudem komme es nicht während der Schulzeit zu den meisten Ansteckungen, sondern zum allergrößten Teil in den Ferien.
Die Schulen tragen dem Mediziner zufolge sogar dazu bei, "Infektionen bei Kindern zu kontrollieren – vor allem das regelmäßige Testen, Masketragen und Hygiene sind dabei ausschlaggebend".
Dötsch begrüßte die klare Absage der Ampel-Parteien an erneute Schulschließungen. Dies sei ein sehr wichtiges und gutes Zeichen. Nun sei zu hoffen, dass sich SPD, Grüne und FDP im Falle ihrer Regierungsbildung im Bund "auch dann noch daran erinnern, wenn sich die Lage weiter verschärfen und weitergehende Maßnahmen notwendig werden sollen".
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) warnte ebenfalls vor erneuten harten Einschränkungen für Kinder und Jugendliche. Schul- und Kitaschließungen würden nie primär dem Schutz der Kinder und Jugendlichen dienen, sondern dem Schutz der Erwachsenen, vor allem der ungeimpften Erwachsenen. Vor Schul- und Kitaschließungen müssten daher alle anderen Maßnahmen des Infektionsschutzes ausgeschöpft werden wie etwa "auch eine allgemeine Impfpflicht für Erwachsene", sagte BVKJ-Bundessprecher Jakob Maske der "Rheinischen Post".
"Kinder und Jugendliche sind nicht die Gruppe der Menschen, die die Intensivstationen belegen, im Gegenteil sind intensivmedizinische Versorgungen extrem selten in dieser Altersgruppe", hob Maske hervor. Zudem übertrügen Kinder die Infektion weiterhin weniger häufig als Erwachsene.
Der Kinderarzt verwies auf die schweren Folgen der Lockdown-Maßnahmen auf diese Altersgruppe. Zu beobachten sei eine immense Zunahme von psychiatrischen Erkrankungen, Adipositas, Spielsucht, Lernrückständen sowie das Aufklappen der sozialen Schere. Weitere Schulschließungen hätten "unabsehbare Folgen" und dürften "nur als allerletzte Möglichkeit zur Bewältigung der Pandemie" beschlossen werden.
yb
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