Auf Initiative des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und
Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen findet vom 22. November
bis 27. November 2021 die landesweite Aktionswoche gegen Gewalt an
Frauen statt. Gemeinsam mit über 250 kommunalen
Gleichstellungsbeauftragten, Verbänden und Einrichtungen der
Frauenunterstützungsinfrastruktur aus 164 Kommunen rückt das Ministerium
mit Veranstaltungen vor Ort und Aktionen im Netz, unter dem Hashtag
#wirgegengewalt, landesweit das Thema „Gewalt an Frauen“ in den Fokus
der Öffentlichkeit und informiert über Hilfsangebote. Die Aktionswoche
findet rund um den 40. Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25.
November 2021 statt.
Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und
Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen: „Erstmals findet in
Nordrhein-Westfalen eine landesweite Aktionswoche online und offline
statt, mit der wir den Scheinwerfer auf das Thema Gewalt gegen Frauen
richten. Denn Gewalt gegen Frauen passiert tagtäglich im Schatten von
Gesellschaft und Öffentlichkeit. Wir wollen mit der breit angelegten
Kampagne jeden Winkel unseres Landes erreichen. Opfer sollen wissen,
dass es für sie Schutz und Hilfe gibt und wo sie die gezielten Angebote
finden können. Gewaltbetroffene Frauen sollen wissen: Sie sind nicht
allein. Außerdem informieren die Beteiligten der Aktionswoche über
Hilfsprogramme. Nur wenn betroffene Frauen wissen, wo sie Hilfe finden,
können sie die Angebote auch nutzen.“
Mehr als jede zehnte von Gewalt betroffene Person nimmt Hilfe und
Unterstützung nicht in Anspruch, weil ihr Unterstützungsangebote nicht
bekannt sind. Das ist eines der zentralen Ergebnisse der
Dunkelfeldstudie „Sicherheit und Gewalt in Nordrhein-Westfalen“, die vom
Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes
Nordrhein-Westfalen und dem Ministerium des Innern des Landes
Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben wurde.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik hat im Jahr 2020 für
Nordrhein-Westfalen 32.705 Opfer vollendeter und versuchter Delikte der
häuslichen Gewalt ausgewiesen. Darunter waren 22.905 weibliche Opfer
(70,0 Prozent) und 9.800 männliche Opfer (30,0 Prozent). Im Vergleich
zum Vorjahr stieg die Opferzahl um 7,9 Prozent (2019: 30.300 Opfer).
Daneben wurden 26 Fälle von Zwangsheirat verzeichnet, während die
landesgeförderten Fachberatungsstellen gegen Zwangsheirat etwa 200 Fälle
in diesem Zeitraum beraten haben. Nach dem Lagebild „Menschenhandel und
Ausbeutung“ des Landeskriminalamtes hat es zudem 2019 in
Nordrhein-Westfalen 113 erfasste Opfer im Kontext von Menschenhandel zur
sexuellen Ausbeutung gegeben. Neben offiziellen Zahlen muss jedoch von
einem nicht bezifferbaren Dunkelfeld ausgegangen werden, da viele Fälle
nicht zur Anzeige gelangen – insbesondere bei weiblicher
Genitalverstümmelung. Laut Schätzungen der Menschenrechtsorganisation
für Frauen und Mädchen Terres des Femmes aus dem Jahr 2020 sind 15.217
Frauen und Mädchen in Nordrhein-Westfalen hiervon betroffen, weitere
4.682 sind gefährdet.
Die Gewalt habe dabei viele Gesichter, erläutert Ministerin
Scharrenbach: Häusliche Gewalt, sexualisierte Gewalt, aber auch
Menschenhandel und weibliche Genitalverstümmelung kämen nach wie vor
auch in Nordrhein-Westfalen vor und stellten schlimmste Formen der
Unterdrückung dar. Die landesweite Aktionswoche sei ein wichtiges
Hilfsmittel, um Schutz und Unterstützungsangebote sichtbarer zu machen,
so Ministerin Scharrenbach. Das Ministerium beteiligt sich unter anderem
mit einem Riesenplakat an der Hausfront. Zudem erstrahlt das
Ministeriumsgebäude am 25. November 2021 in orange, als Zeichen gegen
geschlechtsspezifische Gewalt.
Die Aktionswoche wird durch die über 250 mitwirkenden kommunalen
Gleichstellungsbeauftragten, Verbände und Einrichtungen der
Frauenunterstützungsinfrastruktur durch vielfältige Veranstaltungen und
Aktionen wie Fachvorträge, Kulturveranstaltungen, Diskussionsrunden und
vieles mehr begleitet. Zur Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit
stellt das Ministerium den teilnehmenden Akteurinnen und Akteuren
Vorlagen für digitale und Printformate zur Verfügung. Über den gesamten
Zeitraum der Aktionswoche steht täglich ein anderes Thema im Mittelpunkt
(22.11.: Häusliche Gewalt; 23.11.: Zwangsheirat; 24.11.: Menschenhandel
zur sexuellen Ausbeutung von Frauen; 25.11.: Internationaler Tag gegen
Gewalt an Frauen; 26.11.: Genitalverstümmelung; 27.11.: Sexualisierte
Gewalt).
Über Mitmachaktionen in den sozialen Medien können Bürgerinnen und
Bürger zudem auch selbst aktiv werden und ein Zeichen gegen Gewalt an
Frauen setzen. Dazu zählen zum einen die Möglichkeit der Einbindung
einer bereitgestellten Grafik zur Aktionswoche im eigenen
Facebook-Profilbild, zum anderen über einen Vordruck für eine Hand in
der Symbolfarbe zum Aktionstag: Orange. Diese kann ausgedruckt,
ausgeschnitten und ins Fenster geklebt werden sowie anschließend in den
sozialen Medien via Foto geteilt werden. Anleitungen zu den Aktionen
gibt es auf der Webseite des Ministeriums: www.exit.nrw.
„Wir freuen uns sehr, dass so viele an der Aktionswoche mitwirken. Neben
der finanziellen Unterstützung bedarf es solcher Aktionen, um die
nötige Aufmerksamkeit zu erzeugen. Die Aktionswoche ist ein starkes
Signal für einen besseren Schutz für von Gewalt betroffenen Mädchen und
Frauen. An alle Bürgerinnen und Bürger die herzliche Bitte: Machen auch
Sie mit, schauen Sie hin und zeigen Sie den Opfern, dass sie nicht
alleine stehen. Allen beteiligten Akteurinnen und Akteuren gilt schon
jetzt mein besonderer Dank“, sagt Ministerin Scharrenbach.
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat seit 2017 die finanzielle
Unterstützung für von Gewalt betroffene Frauen entscheidend gestärkt und
zukunftsfest gemacht. Zur Finanzierung von Schutz- und
Beratungsangeboten für Frauen in Nordrhein-Westfalen stehen für das
Haushaltsjahr 2021 rund 30,2 Millionen Euro zur Verfügung. Seit 2017 ist
das ein Anstieg um 7,3 Millionen Euro beziehungsweise rund 31,9
Prozent. Für die Träger von Frauenhäusern sind dafür 12.970.500 Euro
bestimmt, für die Träger von Frauenberatungsstellen und spezialisierten
Fachberatungsstellen 13.956.100 Euro. 3.304.600 Euro stehen zur
Umsetzung weiterer Maßnahmen wie der anonymen Spurensicherung, Förderung
der örtlichen Runden Tische gegen Gewalt an Frauen usw. zur Verfügung.
Für die „Runden Tische gegen Gewalt“, die jährlich durch das Programm
für örtliche/regionale Kooperationen gegen Gewalt an Frauen des
Ministeriums gefördert werden, erhöhte sich in diesem Jahr der mögliche
Förderbetrag von bis zu 12.500 Euro für Maßnahmen im Rahmen der
landesweiten Aktionswoche auf bis zu 17.500 Euro. Insgesamt 38 dieser
örtlichen Arbeitskreise nutzten diese Möglichkeit und nahmen eine
Förderung im Rahmen der Aktionswoche von insgesamt rund 300.000 Euro in
Anspruch.
Hintergrund:
Landesförderung Gewaltschutz Frauen:
Zum Schutz vor Gewalt an Frauen setzt die Landesregierung auf eine starke Hilfeinfrastruktur und eine bedarfsgerechte finanzielle Förderung der Schutz- und Beratungsangebote. Gefördert werden:
64 Frauenhäuser62 allgemeine Frauenberatungsstellen52 Fachberatungsstellen gegen sexualisierte Gewalt8 spezialisierte Beratungsstellen für weibliche Opfer von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung2 überregional tätige Fachberatungsstellen gegen Zwangsheirat in Bielefeld (Mädchenhaus Bielefeld) und Köln (agisra e.V. Köln)1 Fachberatungsstelle zum Thema Weibliche Genitalbeschneidung in Köln, Lobby für Mädchen e.V.1 Fachstelle zur Gewaltprävention und zum Gewaltschutz von Mädchen und Frauen mit Behinderung „Mädchen sicher inklusiv“ beim Mädchenhaus Bielefeld.
Örtliche Runde Tische:
Die örtlichen Runden Tische sind Vernetzungsgremien, in denen Institutionen wie Polizei, Frauenberatungsstellen, Frauenhäuser, kommunale Gleichstellungsbeauftragte, Jugendämter, Sozialämter, Familienberatungsstellen und viele weitere Akteure zusammenarbeiten und dadurch die Unterstützung für gewaltbetroffene Frauen vor Ort verbessern. Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen:
Seit 1981 organisieren Menschenrechtsorganisationen zum 25. November Veranstaltungen, mit denen die Rechte von Frauen und Mädchen in das Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt werden sollen. Am 17. Dezember 1999 verabschiedete die UN-Generalversammlung eine Resolution, nach der der 25. November zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, auch „Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen“, bestimmt wurde. „Orange the world“:
Seit 2008 veranstaltet UN Women alljährlich die Kampagne „Orange the World“, die Aktivitäten zum Thema „Gewalt“ bündelt. Bestandteil eines breiten Veranstaltungsspektrums ist seit mehreren Jahren das Anstrahlen von Gebäuden und Wahrzeichen im öffentlichen und urbanen Raum mit orangefarbigem Licht.
Weitere Informationen zu Hilfe- und Unterstützungsangeboten finden Sie unter:
www.opferschutzportal.nrwwww.exit.nrw
Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen
Foto: Land NRW / Ralph Sondermann