Nach dem Bekenntnis des Iran zum versehentlichen Abschuss eines ukrainischen Passagierflugzeugs mit 176 Toten und darauffolgenden regierungskritischen Protesten hat sich US-Präsident Donald Trump an die Seite der Demonstranten gestellt. Er sei schon immer auf deren Seite gewesen und seine Regierung werde das auch weiterhin sein, twitterte Trump am Samstag. Großbritannien reagierte derweil empört auf die vorübergehende Festnahme seines Botschafters in Teheran.
"An das mutige und seit langem leidende iranische Volk: Ich war auf eurer Seite seit dem Beginn meiner Präsidentschaft, und meine Regierung wird weiterhin auf eurer Seite sein", twitterte Trump. "Wir beobachten eure Proteste genau und sind von eurem Mut inspiriert."
Nach dem Bekenntnis des Iran zum versehentlichen Abschuss des ukrainischen Passagierflugzeugs hatten sich am Samstag mehrere hundert Menschen an der Amir-Kabir-Universität in Teheran versammelt, um der Opfer zu gedenken. Aus dem Gedenken wurde ein wütender Protest gegen die Regierung, der später aufgelöst wurde.
Der Iran hatte zuletzt im November begonnene Proteste niedergeschlagen. Der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zufolge wurden dabei mehr als 300 Menschen getötet. Trump warnte am Samstag, es dürfe "kein weiteres Massaker an friedlichen Demonstranten geben". "Die Welt schaut zu", schrieb Trump, der seine Tweets auch auf Farsi postete.
Unterdessen wurde bekannt, dass der britische Botschafter im Iran, Rob Macaire, kurzzeitig festgenommen wurde. Großbritanniens Außenminister Dominic Raab sprach von einem "eklatanten Verstoß gegen internationales Recht". Berichten zufolge wurde Macaire am Rande der regierungskritischen Proteste festgesetzt. Die den Konservativen im Iran nahestehende Nachrichtenagentur Tasnim meldete, der Botschafter habe "radikales Handeln provoziert" und werde am Sonntag erneut vorgeladen.
Der Iran hatte am Samstag nach tagelangem Leugnen den versehentlichen Abschuss des Flugzeugs eingeräumt. Nach Angaben aus Teheran wurde die Maschine irrtümlich für ein feindliches Objekt gehalten und abgeschossen. Bei den 176 Opfern handelte es sich vor allem um Kanadier, Afghanen, Briten, Schweden und Ukrainer.
Die iranischen Revolutionsgarden übernahmen die Verantwortung für den Abschuss. Ein Soldat habe die Maschine für ein "feindliches Flugzeug" gehalten und eine Rakete abgefeuert. Es handele sich um "menschliches Versagen". Der Generalstab kündigte an, "der Verantwortliche" für den Abschuss werde vor die Militärjustiz gestellt.
Irans Präsident Hassan Ruhani erklärte bei Twitter, sein Land bedaure den Abschuss "zutiefst". In einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj räumte Ruhani nach Angaben aus Kiew in vollem Umfang ein, dass die "Tragödie" auf Fehler des iranischen Militärs zurückzuführen sei. Selenskyj hatte zuvor eine Bestrafung der Verantwortlichen und Entschädigungszahlungen gefordert.
Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei sprach den Hinterbliebenen sein Beileid aus und forderte das Militär zur Behebung von "Mängeln" auf, damit sich ein solches Unglück nicht wiederholen könne.
Auch Irans Außenminister Dschawad Mohammed Sarif entschuldigte sich, machte aber das "Abenteurertum der USA" mitverantwortlich für die "Katastrophe". Damit bezog er sich auf die von Trump angeordnete Tötung des mächtigen iranischen Generals Kassem Soleimani in Bagdad. Als Vergeltung hatte der Iran in der Nacht zum Mittwoch zwei von US-Streitkräften genutzte Militärstützpunkte im Irak angegriffen. Wenige Stunden später stürzte die ukrainische Passagiermaschine bei Teheran ab.
Kanadas Premierminister Justin Trudeau, aus dessen Land 57 Todesopfer kamen, forderte in einem Telefonat mit Ruhani "vollständige Klarheit". Das Bekenntnis des Iran zum versehentlichen Abschuss des Flugzeugs sei "ein wichtiger Schritt", dem aber noch "viele weitere Schritte" folgen müssten. Ähnlich äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) empfahl unterdessen den europäischen Fluggesellschaften, Flüge über den Iran "bis auf Weiteres" zu vermeiden.
jep
© Agence France-Presse