Sehr geehrter Herr Paulsen, meine sehr geehrten Damen und Herren – wo immer Sie sind, bedauerlicherweise nicht hier bei uns.
Vor zehn Jahren fand das erste Berliner Forum Außenpolitik statt. Seitdem hat sich das Forum zu einer Institution in der außenpolitischen Debatte in Deutschland entwickelt. Deshalb gratuliere ich dem Forum, der Körber Stiftung und Ihnen, lieber Herr Paulsen, sehr herzlich zu diesem Jubiläum. Und ich wünsche Ihnen viele, viele Jahre, die dazukommen werden. Denn es hat sich gezeigt, dass dieses Forum immer wieder Impulse aussendet in die Politik, die dort nicht nur Beachtung finden, sondern aus denen sich auch Konsequenzen ergeben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
für Deutschland war die Welt 2011, im Jahr Ihres ersten Treffens, eine völlig andere als heute. Und die wenigsten von uns hätten damals erwartet, was seitdem international geschehen ist: Dem Arabischen Frühling – beim ersten Berliner Forum Außenpolitik ein hoffnungsvoll diskutiertes Thema – folgten statt demokratischer Transformation blutige Bürgerkriege. Die Euro- und Flüchtlingskrisen haben die Europäische Union seitdem erschüttert, mit dem Brexit hat erstmals ein Mitgliedstaat die EU verlassen. Russland hat mit der Annexion der Krim die europäische Friedensordnung komplett in Frage gestellt. Die Rivalitäten zwischen Regional- und Großmächten – besonders zwischen den USA und China – haben sich seitdem dramatisch verschärft. Donald Trump war vier Jahre lang Präsident der Vereinigten Staaten, in vielen Ländern vergiften Populisten und Nationalisten die Innen- und die Außenpolitik. Und zuletzt hat die Pandemie weltweit zahllose Menschenleben gekostet, während die Gefahren des Klimawandels vor unsere eigene Haustür gerückt sind. Kurzum: Deutschland hat in den vergangenen zehn Jahren eine Epoche internationaler Krisen durchlebt, die viele unserer Gewissheiten erschüttert hat.
Deutsche Außenpolitik – das hieß im vergangenen Jahrzehnt vor allem Krisenmanagement und manchmal auch einfach nur „damage control“. Unsere jüngere außenpolitische Vergangenheit wirft damit eine sehr grundsätzliche Frage auf: Wieso haben uns die zurückliegenden Krisen derart überrumpelt – und was bedeuten sie für Deutschlands Rolle in der Welt?
Meine Damen und Herren,
um diese Frage zu beantworten, lohnt ein Blick in „Das Ende der Illusionen“ – ein Buch des Soziologen Andreas Reckwitz. Dieses Buch beschreibt, wie insbesondere nach der globalen Finanzkrise 2008 westliche Fortschrittsideen in die Krise geraten sind: Wirtschaftliche Globalisierung, gesellschaftliche Liberalisierung und neue Technologien – sie haben ungeahnte neue Möglichkeiten geschaffen. Aber sie haben auch extreme Ungleichheit und politische Polarisierung befeuert. Der Titel „Das Ende der Illusionen“ trifft diese gesellschaftlichen Entwicklungen. Er passt aber aus meiner Sicht auch zur außenpolitischen Debatte in Deutschland in den vergangenen Jahren. Denn auch viele unserer außenpolitischen Fortschrittsideen sind zuletzt ins Wanken geraten: Die Idee, dass die Europäische Integration unumkehrbar voranschreitet. Die Idee, dass wirtschaftliche Macht und Vernetzung nach und nach militärische Macht in der Weltpolitik ablösen. Und die Idee, dass Staaten weltweit auf das westliche Modell von Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechten konvergieren – und dass die Zeit dabei für uns spielt.
Meine Damen und Herren,
dass diese Ideen jedenfalls in Teilen illusorisch waren – nirgendwo ist uns das zuletzt schmerzhafter vor Augen geführt worden als in Afghanistan. Die Ereignisse der vergangenen Monate dort waren bitter – zuallererst für die Afghaninnen und Afghanen, aber auch für uns. Wir haben mit unseren Verbündeten nach den Anschlägen des 11. September erfolgreich den internationalen Terrorismus in Afghanistan bekämpft. Auch hat das Land in den vergangenen 20 Jahren Fortschritte bei menschlicher Entwicklung und gesellschaftlicher Entwicklung gemacht, die sich nicht einfach wieder zurückdrehen lassen. Gleichzeitig ist aber unser Misserfolg in Afghanistan offensichtlich: Der Aufbau einer nachhaltigen politischen Ordnung – mit demokratischer Regierung, effektiver Bürokratie und funktionierender Armee – ist gescheitert. Und deshalb bedeutet Afghanistan einen Einschnitt. Wir dürfen aus diesem Einsatz nun nicht ableiten, dass Deutschland zukünftig international keine Verantwortung mehr übernehmen sollte. Etwa die Abwehr terroristischer Gefahr, die sehr schnell auch in Europa ankommen kann, wird auch in Zukunft weiterhin Bundeswehr-Auslandseinsätze rechtfertigen. Aber dennoch ist klar: Unsere Hebel, um andere Länder zu beeinflussen, haben Grenzen. Mehr Mitteleinsatz bringt nicht zwangsläufig bessere Ergebnisse. Der Export uns genehmer Staatsformen kann nicht allein der Anspruch deutscher Außenpolitik sein. Stattdessen muss sich diese deutsche Außenpolitik zukünftig realistische Ziele setzen, die klar definierten deutschen Interessen entsprechen. Oder zugespitzt gesagt: Es ist Zeit für ein Ende der Illusionen.
Meine Damen und Herren,
das klingt erst einmal hart – nach Zynismus, Resignation oder Rückzug. Ich plädiere allerdings dafür – und so tut dies auch Reckwitz in dem von mir erwähnten Buch – Desillusionierung als Chance zu begreifen: für eine neue politische Nüchternheit, für undogmatische Zuversicht und für einen pragmatischen Realismus. Genau ein solcher Realismus eröffnet auch der deutschen außenpolitischen Debatte neue Perspektiven: Er lässt überzogene Hoffnungen auf ein „Ende der Geschichte“ hinter sich. Aber er vermeidet auch einen ebenso übertriebenen Pessimismus und Alarmismus, der sich zuletzt in vielen außenpolitischen Wortmeldungen in Deutschland breitgemacht hat. Denn Sachlichkeit – nicht Übermut oder Angst – sind die richtige Grundlage für eine Analyse der Lage Deutschlands in der Welt. Und eine solche – eben realistische – Analyse ergibt aus meiner Sicht vor allen Dingen drei Punkte:
Erstens: Die Weltpolitik durchläuft eine „Ära der Transformation“ – wie es auch der Titel dieses Forums sagt. Die Multipolarisierung der internationalen Ordnung befeuert wirtschaftlichen, technologischen, diplomatischen und militärischen Wettbewerb zwischen Staaten. Gleichzeitig sorgen aber Vernetzung und globale Herausforderungen wie der Klimawandel auch für mehr Zusammenarbeit eben zwischen diesen Staaten. Ein paradoxes internationales System entsteht, in dem gleichzeitig mehr Wettbewerb, aber auch mehr Kooperation herrschen. Ein System, in dem Staaten mehr trennt, während sie sich gleichzeitig so nah sind wie nie zuvor.
Zweitens: Deutschland hat alle Voraussetzungen, um in einer solchen kompetitiven, kooperativen und vernetzten Welt zu bestehen. Unsere Wirtschaft ist stark, unsere Gesellschaft stabil, unser Staat handlungsfähig. Wir haben starke Partner und Verbündete in der Europäischen Union, der NATO und weltweit. Wir sind ein aktiver Spieler im globalen Multilateralismus. Viele Zerfallsprognosen der letzten Jahre haben sich dagegen als übertrieben herausgestellt: Weder die Europäische Union, die NATO noch der Westen sind zerbrochen, wie uns das vielfach vorausgesagt wurde. Die Vereinten Nationen sind durchaus reformbedürftig, aber auch genauso resilient. Und die Pandemie hat die Weltwirtschaft weit weniger getroffen als zunächst befürchtet.
Drittens: Auf Basis dieser Lageanalyse muss Deutschland außenpolitisch den ambitionierten Weg weitergehen, den es in den vergangenen Jahren bereits eingeschlagen hat. Und dafür muss die deutsche Außenpolitik vor allen Dingen eines sein – nämlich mehr als die Verlängerung deutscher Innenpolitik – sonst kollidieren hehre deutsche Ansprüche mit weltpolitischen Realitäten. In einer Welt des Wettbewerbs und der Kooperation sind zwei Prioritäten realistischer deutscher Außenpolitik alternativlos: Wir müssen unsere eigene Position stärken – und wir müssen mehr mit allen Staaten der Welt kooperieren.
Meine Damen und Herren,
auf der einen Seite bedeutet das: Dialog mit jenen, die unsere Werte nicht teilen. Das Wesen der Diplomatie besteht nicht darin, mit Freunden Partys zu veranstalten, sondern die Schwierigen an den Verhandlungstisch zu bekommen. Damit „betreiben wir keine Politik des Verzichts, sondern eine Politik der Vernunft“ – so hat es Willy Brandt einmal sehr treffend gesagt. Denn „maximum pressure“ und Isolationsversuche, „decoupling“ oder das Beharren auf der eigenen moralischen Überlegenheit führen in der internationalen Politik außerordentlich selten ans Ziel. Deshalb ist es wichtig, dass Deutschland weltweit für diplomatische Lösungen von Konflikten und Gegensätzen eintritt – auch wenn das zunächst einmal innenpolitisches Unverständnis oder Kritik verursacht. In Libyen haben wir so mit dem Berliner Prozess geholfen, dass dort nach Jahren des Bürgerkriegs die Waffen schweigen. Und ich weiß gar nicht, wie oft mir empfohlen worden ist, die Finger davon zu lassen, weil das sowieso nicht funktionieren würde. Mit unseren E3-Partnern Frankreich und Großbritannien haben wir das Nuklearabkommen mit dem Iran am Leben gehalten, was schwierig genug gewesen ist – und in wenigen Tagen finden endlich wieder Gespräche zwischen allen Parteien in Wien statt. Mit der Stockholm-Initiative und unseren Zukunftswaffenkonferenzen haben wir in schwierigen Zeiten Rüstungskontrolle wieder auf die internationale Agenda gesetzt. Und auch die Gegensätze im östlichen Mittelmeer und der NATO haben wir mit Diplomatie versucht abzubauen. Darüber hinaus brauchen wir internationale Zusammenarbeit auch, um die globalen Herausforderungen unserer Zeit anzugehen: Klimaschutz, Gesundheit, globale Gerechtigkeit. Dass solche Zusammenarbeit lohnt, das hat gerade der Klimagipfel COP26 gezeigt. Ja, man kann den Konferenzergebnissen durchaus kritisch gegenüberstehen. Aber verglichen damit, wo die internationale Debatte zum Klimaschutz noch vor wenigen Jahren gewesen ist, sind die in Glasgow erreichten Beschlüsse durchaus bemerkenswert. Das gilt auch für die Zusammenarbeit in den G20. Die Einigung auf eine weltweite Besteuerung von Unternehmensgewinnen ist ein Schritt hin zu mehr globaler Gerechtigkeit, an den lange die wenigsten geglaubt haben. Auch im Kampf gegen das Virus ist es richtig, dass wir weiter auf multilaterale Lösungen setzen. Die Impfplattform COVAX, deren zweitgrößter Unterstützer Deutschland ist, hat bislang rund eine halbe Milliarde Impfdosen an drei Viertel der Länder weltweit ausgeliefert. Und schließlich genau diese Arbeit an Menschheitsfragen haben wir auch in turbulenten Zeiten mit der Allianz für den Multilateralismus vorangetrieben, der mittlerweile über 70 Staaten angehören.
Meine Damen und Herren,
realistische deutsche Außenpolitik bedeutet andererseits aber auch, dass wir Gefahren erkennen, unsere Anliegen bestimmt vertreten und unsere Werte verteidigen. Aus einer Position der Schwäche wird uns das niemals gelingen. Auch hierzu hat Willy Brandt übrigens einen treffenden Satz gesagt: „Friedenspolitik muss mehr bedeuten, als anderen zu applaudieren.“Das Fundament unseres Einflusses in der Welt sind gesellschaftlicher Zusammenhalt und eine starke Wirtschaft hier bei uns zu Hause – und daran wird sich nichts ändern. Deshalb ist es wichtig, dass die kommende Bundesregierung weiter in soziale Gerechtigkeit, Modernisierung und Innovationskraft unseres Landes investieren wird – auch um uns außenpolitisch handlungsfähig bleiben zu lassen. Deutschland muss im internationalen Wettbewerb um Schlüsseltechnologien bestehen, Technologieführerschaften verteidigen und Verwundbarkeiten reduzieren – wir haben das in der Pandemie bitter erlebt.Dafür braucht es Forschung und Entwicklung, aber auch besseren Schutz unseres Know-How. Daher haben wir in den vergangenen Jahren bei unserem Außenwirtschaftsrecht nachgeschärft. Und das neue IT-Sicherheitsgesetz ist ein wichtiger Schritt, bei dem es nicht nur darum geht, wirtschaftliche Effekte auszulösen, sondern auch sicherheitsrelevante Aspekte zu berücksichtigen. Daneben muss Deutschland weiter seine Beiträge im atlantischen Bündnis leisten – dem unverrückbaren Grundpfeiler unserer Sicherheit. Wir haben in der NATO den sogenannten Reflexionsprozess auf den Weg gebracht, der kommendes Jahr in ein neues strategisches Konzept einfließen wird, das auch bitter nötig ist. Es muss die NATO auf neue Herausforderungen einstellen – etwa im Cyber- und auch im Weltraum. Darüber hinaus muss auch klar sein, dass Deutschland international in einem Systemwettbewerb steht. Autoritäre Staaten wie Russland und China setzen die regelbasierte Ordnung, das Völkerrecht und die universellen Menschenrechte immer mehr unter Druck. Hybride Bedrohungen und Desinformation nagen an unseren offenen Gesellschaften – mehr als das in der Vergangenheit je der Fall gewesen ist. Und deshalb sage ich auch deutlich: Das chinesische System steht für autokratische Werte, nach denen wir in demokratischen Staaten nicht leben wollen. Auch das muss sich in unserer Politik zeigen. Deshalb hat Deutschland neue Koalitionen gebildet und Partnerschaften mit gleichgesinnten Staaten ausgeweitet – von den G7 über unsere neuen Indopazifik-Leitlinien bis hin zum Summit for Democracy, zu dem Präsident Biden für den kommenden Monat eingeladen hat. Denn nicht allein, sondern nur mit Partnern wird Deutschland stark bleiben können.
Meine Damen und Herren,
das bringt mich zu meinem nächsten – und vielleicht auch wichtigsten – Punkt: Europa.
Der unverrückbare Grundsatz einer jeden realistischen deutschen Außenpolitik bleibt: Wir tragen mit unserer Geschichte, Geographie und wirtschaftlichen Gewicht besondere Verantwortung für die Zukunft der Europäischen Union und damit des gesamten Kontinents. Dieser Verantwortung müssen wir mit Augenmaß gerecht werden – nicht mit Hurra-Föderalismus oder deutschen Belehrungen. Unser Ziel muss es weiterhin sein, die Europäische Union nach innen zusammenzuhalten und nach außen souveräner zu machen. In der Pandemie war die gemeinsamen Beschaffung von Impfstoffen und die Einigung auf den Europäischen Wiederaufbaufonds ein entscheidender Erfolg – errungen im Übrigen während der deutschen Ratspräsidentschaft und angetrieben vom deutsch-französischen Motor. Für den Zusammenhalt Europas ist es zudem zentral, dass Deutschland Brückenbauer zu den mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten bleibt. Die Grundwerte der Europäischen Union – Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Medienfreiheit – verbinden und verpflichten uns alle. Und wir brauchen auch weitere Schritte zu mehr Europäischer Integration. Aber gleichzeitig muss auch klar sein: Eine Spaltung der Europäischen Union in Ost und West, in ein Europa der zwei Geschwindigkeiten, das unsere östlichen Nachbarn eher als ein Europa erster und zweiter Klasse empfinden, in dem sie in der zweiten Klasse sitzen, schwächt uns alle – und gefährdet die Europäische Union. Die Sichtweisen der mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten gilt es auch in einer gemeinsamen europäischen Ostpolitik zu beachten – gegenüber Partnern wie der Ukraine und Moldau – und gegenüber Belarus und Russland. Und deshalb: Wir wollen bessere Beziehungen zu Russland – ja natürlich, sie können auch nur noch besser werden. Dafür braucht es aber Fortschritte insbesondere bei der Lösung des Konflikts in der Ostukraine – und zwar auf der Basis der Minsker Vereinbarungen. Zuletzt hat Russland allerdings ein Treffen der Außenminister des Normandie-Formats verweigert. Und die jüngsten Nachrichten über russische Truppenbewegungen im Grenzgebiet zur Ukraine sind außerordentlich beunruhigend. Diese Vorgänge zeigen: Der Ball für die Lösungen bestehender Gegensätze liegt im Feld Moskaus. Die Europäische Union wird hier dabei mit einer Stimme sprechen – davon bin ich fest überzeugt.
Meine Damen und Herren,
damit sind wir bereits bei der Frage nach der äußeren Souveränität der Europäischen Union und Europas insgesamt. Setzen wir dabei weiter auf die Stärken der Europäischen Union: Ihrer Wirtschaftskraft und auch ihre Regulationsmacht. Wir brauchen Fortschritte bei Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und wichtigen Partnern weltweit. Handelsabkommen sind – wie vielfach in der deutschen Gesellschaft vermutet – per se nichts Schlechtes. Wir wollen in einer freien Welt leben, und freier Handel ist ein Teil dieser freien Welt. Nur so können wir international Umwelt- und Sozialstandards voranbringen, anstatt sie durch Abschottung aufs Spiel zu setzen. Gleichzeitig müssen wir uns weiter gegen unfaire Handelspraktiken zur Wehr setzen. Auch bei der Entwicklung und beim Setzen von Standards für neue Technologien gilt es voranzukommen. Das schließt enge Zusammenarbeit mit Partner wie den Vereinigten Staaten ein – wie wir sie mit dem Trade and Technology Council bereits auf die Schienen gesetzt haben. Und während der französischen Ratspräsidentschaft kommendes Jahr wollen wir auf unsere Fortschritte bei der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik aufbauen – etwa der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit PESCO. Der Hohe Vertreter Josep Borrell hat vergangene Woche einen ersten Entwurf des Strategischen Kompasses vorgelegt, der absolut in die richtige Richtung weist. Ich will dazu nur einen Punkt anmerken, der mir besonders wichtig ist. Die jüngsten Entwicklungen auf dem Westbalkan, vor unserer unmittelbaren Haustür – die Spannungen zwischen Serbien und Kosovo und die verschärfte innenpolitische Lage in Bosnien – zeigen: Glaubhaftigkeit und Handlungsfähigkeit, das muss Europa vor allen Dingen in seiner Nachbarschaft beweisen. Und deshalb brauchen wir für den Westbalkan endlich eine neue Dynamik im Beitrittsprozess, aber genauso andererseits auch eine Diskussion über Sanktionen gegen diejenigen, die mit Hass und Hetze Obstruktionspolitik dort betreiben.
Meine Damen und Herren,
Europa nach innen zusammenhalten und nach außen souveräner machen; Deutschland stärken und gleichzeitig internationale Kooperation ausbauen; deutsche Verantwortung in der Welt, aber auch Ehrlichkeit zur Begrenztheit unserer Möglichkeiten: Hier liegt der Weg voran für die deutsche Außenpolitik. Und hier liegt auch der Beweis dafür, dass sich aus dem Ende der Illusionen, aus Illusionslosigkeit, eine Tugend machen lässt – wenn sie in einen Realismus mündet, der aus Fehlern lernt, neue Ideen fördert und Bewährtes fortführt.
Vielen Dank.