"Wir sind alle so unterschiedlich und zugleich so richtig in diesem Beruf". Mit diesen Worten räumen die jungen IT-Expertinnen Ramona und Janine mit dem Klischee des nerdigen ITlers auf und machen deutlich, wie richtig sie mit ihren Interessen und Fähigkeiten in der Welt von Software und IT sind. Während Janine als Teamleiterin im Entwicklungssupport ihre große Leidenschaft in Datenbankstrukturen und blanken Codierungen sieht, liebt die Software-Entwicklerin Ramona die kreative und gestalterische Seite der IT. Als Speakerin auf Fachkonferenzen gibt sie ihr Wissen gerne an andere weiter.
Noch immer gilt die IT-Branche als männerdominiertes Pflaster. Vorurteile und Klischees gegenüber Frauen in diesen Berufen sind präsent. Auch die beiden Münsterländerinnen mussten auf ihrem Berufsweg schon einige Male die Komfortzone verlassen, Mut aufbringen und für sich und ihre Fähigkeiten einstehen. Bei dem Softwareunternehmen Shopware in Schöppingen haben sie einen Arbeitgeber gefunden, der sie mit einer offenen und vielfältigen Unternehmenskultur unterstützt und fördert.
"Ich hoffe sehr, dass ich dieses Vorbild werden kann, das ich mir selbst gewünscht hätte", fasst Ramona ihre Motivation zusammen, ihre persönlichen Erfahrungen mit anderen zu teilen. Beide junge Frauen wurden in ihrer Ausbildung mit Vorurteilen und Klischees konfrontiert. Die Arbeit bei Shopware hat ihnen letztlich dabei geholfen, neues Selbstvertrauen aufzubauen. "Chancengleichheit und Diversität sind bei Shopware nicht nur leere Worte sondern gelebter Alltag", sind sich die Frauen einig.
Im Rahmen der Interviewreihe "Vorbildfrauen im Münsterland" hat das Kompetenzzentrum Frau und Beruf Ramona und Janine getroffen. Ihre Motivation und ihr Handlungswille steckt an. Voller Begeisterung sprechen sie über die Chancengleichheit bei Shopware, über ihre Erwartungen an moderne Arbeitgeber und die Möglichkeiten, Potenziale und Chancen von und für Frauen in der IT-Branche.
Das komplette Interview ist über die Webseite des Kompetenzzentrums Frau und Beruf Münsterland abrufbar.
Kompetenzzentrum: Welche Erfahrungen habt ihr machen müssen, weil ihr Frauen in männerdominierten Berufen seid?
Janine: Ich glaube, eine der deutlichsten Erfahrungen ist es, dass man als Frau sehr schnell an seinen Fähigkeiten zweifelt, weil man auch sehr oft und sehr harsch kritisiert wird. Man muss doch immer erst beweisen, was man kann, bevor einem geglaubt wird. Mein Eindruck ist, dass das bei den männlichen Kollegen etwas anders aussieht, die bekommen in unserer Branche eine Art Vertrauensvorschuss.
Ramona: Da habe ich leider auch sehr viele Beispiele. Wenn ich Vorträge halte, werde ich gewissermaßen zu einer öffentlichen Person. Der Rahmen der Vorträge wird auch durch die Remote- Kultur, die sich gerade aufbaut, immer größer. Ein Publikum von 1000 Zuhörenden ist nicht gerade selten, nächstes Jahr werde ich sogar vor dieser Größe in Präsenz sprechen. Man wird dann zu einer Zielscheibe. Ich habe mittlerweile den Bonus, dass mich die Shopware-Community mag, die sind sehr nett zu mir. Ich habe es aber sehr oft gesehen, dass neue weibliche Speakerinnen Kommentare über ihre Kleidung und das Aussehen bekommen und nicht über ihr fachliches Thema. Egal, was auf dem Namensschild steht und ob man als Speakerin im Programm steht, man wird in eine Schublade gesteckt. Man sollte sich als Frau nicht erklären müssen, dass man tatsächlich einen Fachvortrag hält.
Janine: Ich habe ganz ähnliche Erfahrungen gemacht. Hier im Shopware-Umfeld allerdings nicht. Die Kolleginnen und Kollegen sind sehr dazu angehalten, auf eine Gleichstellung und Fairness zu achten. Diese Kultur wird hier vermittelt und vor allem auch gelebt. Im Kontakt mit Kunden habe ich jedoch schon ganz anderes erlebt. Da wurde man mit Aussagen konfrontiert wie: "Ich rede hier über Datenbanken, da möchte ich nicht mit der Sekretärin sprechen, sondern mit einem fachlichen Kollegen". Was mir in diesen Situationen geholfen hat, Selbstvertrauen aufzubauen ist, dass mein damaliger Teamleiter dem Kunden vor mir am Telefon in deutlichen Worten klargemacht hat: "Sie haben sich gerade eine Chance verspielt, das war unsere Datenbankexpertin, wenn Sie ihr nicht zuhören wollen, dann können wir jetzt nichts mehr für Sie tun." Dass in diesen Situationen klare Kante gezeigt wird und dieses Verhalten hier bei Shopware nicht toleriert wird, ist wirklich klasse. Selbst wenn man es nicht selber lebt, ist es noch ein weiterer Schritt, offen dagegen vor zu gehen, denn das tun die wenigsten. Hier bei Shopware habe ich gelernt, dass man als Frau im IT-Bereich richtig sein kann und die Kolleginnen und Kollegen für einen einstehen. Das war eine neue Erfahrung für mich. Ich denke, da spricht es auch Bände, dass wir beide schon so lange hier sind. Die IT-Branche ist stark vom Fachkräftemangel betroffen, da mangelt es nie an Alternativen und Angeboten. Wenn man aber ein Unternehmen gefunden hat, dass diese Schritte mit einem geht, dann bildet man ein ganz anderes Vertrauen in sich selbst, die Kolleginnen und Kollegen und den Arbeitgeber.
Kompetenzzentrum: Ihr seid in recht verschiedenen Bereichen der IT tätig. Spiegelt sich in euch die Vielfalt der Berufe wieder?
Ramona: Es ist sicherlich schön zu sehen, dass die IT auch für etwas kreativere Leute eine gute Anlaufstellesein kann. Insbesondere die Entwicklung ist vielkreativer als man denkt und wenn man dann sieht, welche wunderschönen Welten entstehen, wenn man ganz unscheinbare Zeilen von Codes schreibt. Das ist vielen nicht bewusst. Natürlich muss ein gewisses Maß an Logikkenntnissen da sein, das ist sehr wichtig, aber man kann sich dennoch auch kreativ austoben und gestalten. So ergänzen auch Janine und ich uns sehr gut. Man muss sich auch hier von den Klischees verabschieden.
Janine: Wir sind so verschiedene Menschen und dennoch beide so richtig in diesem Beruf. Es gibt hier im gesamten Unternehmen so viele verschiedene Menschen mit ganz unterschiedlichen Talenten und Ausprägungen. Alle können in ihren Berufen als Entwickler oder im IT-Support ihren Beitrag leisten. Ich find es einfach schön zu sehen, wie unterschiedlich wir alle sind und zugleich alle genau richtig hier. Das Klischee des nerdigen Entwicklers, der im dunkelsten Kellerloch arbeitet, das ist absolut nicht richtig.
Kompetenzzentrum: Was erwartet ihr von einem modernen Arbeitgeber?
Ramona: Gleiche Chancen, gleiches Gehalt, gleiche Perspektiven: Dass es für Frauen und Männer gleichermaßen die gleichen Möglichkeiten gibt, egal wie die privaten Vorstellungen und Wünsche hinsichtlich Lebensplanung und Familienbildung aussehen. Dass Toleranz und Rückendeckung für persönliche Situationen wie beispielsweise auch die Pflege von Angehörigen da ist, ist für mich eine wichtige Voraussetzung.
Janine: Gleiche Chancen und Möglichkeiten, das sehe ich genauso. Modern ist sicherlich der Aspekt, den Menschen hinter der Arbeitskraft zu sehen. Dass der Arbeitgeber den Menschen erkennt und ihm die Möglichkeiten bietet, sich selbst zu verwirklichen, ist ein wichtiger Punkt. Natürlich ist es schön, dass wir hier Getränke und Obst gestellt bekommen und eine Fitnessstudiomitgliedschaft bekommen, aber viel wichtiger ist die intrinsische Motivation, dabei unterstützt zu werden, seinen persönlichen Drive nicht zu verlieren. Das kann man nur durch das Lebensgefühl bekommen, das im Unternehmen vermittelt wird. Genau da sehe ich den modernen Faktor.
Kompetenzzentrum: Was zeichnet das Arbeiten bei Shopware aus?
Janine: Vieles von dem, was wir gerade aufgezählt haben, haben wir hier. Wir arbeiten derzeit daran, Gehaltsbänder für Rollen festzulegen, damit jeder, der in einer gleichen Rolle arbeitet, ein faires, angemessenes und gleiches Gehalt bekommt. Zudem sind wir Full-Remote, wir können also jederzeit von zuhause arbeiten. Auch wenn wir natürlich gerne hier in den schönen Büroräumen arbeiten, erleichtert es vieles. Gerade den Kolleginnen und Kollegen mit größeren familiären Verpflichtungen, kommt diese Flexibilität sehr zu Gute. Shopware zeichnet es aus meiner Sicht aus, dass hier ein großer Wille gelebt wird, sich nicht nur technologisch, sondern auch in Personalfragen weiterzuentwickeln.
Ramona: Aus meiner Sicht kann ich noch das Thema "Transparenz" hinzufügen. Hier wird nichts im Hintertürchen entschieden und den Mitarbeitenden blind vorgesetzt. Themen werden offen kommuniziert und über Status-Meetings werden wir auf dem Laufenden gehalten. Mitarbeitende aller Hierarchieebenen werden eingebunden und ihr Feedback wird gehört. Natürlich müssen Entscheidungen getroffen werden, aber über die Transparenz haben wir die Möglichkeit, sie nachzuvollziehen.
Kompetenzzentrum: Gibt es Angebote, die euch als Frauen besonders ansprechen und das Arbeiten erleichtern?
Janine: Das würde ich so nicht sagen. Unsere Angebote richten sich immer an alle. Jeder hat dieselben Schulungs- und Fördermöglichkeiten. Ich sehe darum auch wenig Bedarf, speziell als Frau gefördert zu werden. Das einzige, was ich in diesem Kontext betonen möchte: Man hat immer eine Ansprechperson, wenn man mit Themen der Gleichstellung kommt.
Kompetenzzentrum: Gibt es Themen, die euch beruflich am Herzen liegen?
Janine: Für mich ist der Drahtseilakt zwischenfachlicher Karriere und Teamleitung eine sehr große Herausforderung, die mir aktuell stark unter den Nägeln brennt. Ich möchte mir selbst und auch anderen zeigen, dass beides miteinander vereinbar ist. Nur weil man die Teamleitung mit Personalverantwortung innehat, muss man seine fachliche Karriere nicht vernachlässigen. Ich kann trotzdem auf Vorträge gehen, um mich fachlich weiterzubilden. Themen wie Performance, Datenbankstrukturen, Datenschutz, Datensicherheit langweilen viele Leute, aber mich begeistern sie. Wenn ich Zahlen sehe, dann werde ich ganz aufgeregt. Das kann ich beibehalten und trotzdem sozialkompetent ein Team führen und mein Wissen weitergeben.
Ramona: Ich möchte gerne das Vorbild werden, das ich in meiner Ausbildung gebraucht und mir gezeigt hätte, dass ich mit meinen Fähigkeiten und Eigenschaften hier hingehöre. Über mein Tun und meine Arbeit möchte ich das Anderen bewusstmachen und nach Außen tragen.
Die Interviewreihe "Vorbildfrauen im Münsterland" stellt Frauen aus den unterschiedlichsten Berufen, Positionen und Lebenslagen vor und betont damit das vielfältige Engagement von Frauen im Münsterland. Die Interviews sollen kleine und mittelständische Unternehmen dazu motivieren, weibliche Fachkräfte stärker in den Fokus der Personalgewinnung zu stellen. Jungen Frauen und Mädchen sollen sie Mut machen, ihren Fähigkeiten und Interessen zu vertrauen und Vorbilder aufzeigen.
Das Kompetenzzentrum Frau und Beruf Münsterland wird getragen von der Handwerkskammer Münster und kooperiert mit dem Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik (FFP). Das Projekt wird vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW sowie aus dem EFRE-Fonds der EU gefördert.
Foto: Vorbildfrauen im Münsterland: Janine Overhaus (Foto links) und Ramona Schwering (Foto rechts) im Gespräch mit dem Kompetenzzentrum Frau und Beruf Münsterland (Copyright: Teamfoto Marquardt / Competentia Münsterland)
©Kompetenzzentrum Frau & Beruf Münsterland