Zugleich erklärte Sassoli sich selbst noch nicht offiziell zum Kandidaten. Den Konservativen den Parlamentsvorsitz zu überlassen "wäre ein politischer Fehler zu einer Zeit, in der wir als politische Familie einen Vorteil in Europa haben", sagte der Italiener bei einer Fraktionssitzung. Seit der Europawahl im Mai 2019 konnten die Sozialdemokraten mehrere Wahlerfolge in Europa, unter anderem in Deutschland, verbuchen.
Sassoli hat den Vorsitz des EU-Parlaments seit der Europawahl inne. Seine Amtszeit läuft eigentlich im Januar 2022 aus. Die Wahl Sassolis und eine Übergabe des Parlamentspräsidentenamts an die Europäische Volkspartei (EVP) in der zweiten Hälfte der fünfjährigen Legislaturperiode waren 2019 Teil einer Absprache der EU-Staats- und Regierungschefs zur Führung der EU.
Damals erhielt die EVP als größte Fraktion im EU-Parlament mit Ursula von der Leyen (CDU) den Vorsitz der EU-Kommission. Mit dem ehemaligen Ministerpräsident Belgiens, Charles Michel, bekamen die Liberalen den Posten des EU-Ratspräsidenten. Die Sozialdemokraten weigern sich nun, alle wichtigen EU-Institutionen in die Hände der anderen Parteienfamilien zu legen.
Die Sozialdemokraten nahmen nun Gespräche mit anderen Fraktionen auf, um abzuschätzen, ob sie bei der Präsidentschaftswahl eine Mehrheit der Stimmen bekommen würden, hieß es aus Parlamentskreisen.
Die EVP-Fraktion, der die deutschen CDU/CSU-Abgeordneten angehören, wählt am Mittwochabend ihren Kandidaten aus drei Bewerbern. Neben der Niederländerin Esther de Lange und dem Österreicher Othmar Karas stellt sich die Malteserin Roberta Metsola zur Wahl. Metsola, eine der Vizepräsidentinnen und -präsidenten des EU-Parlaments, wurde im Vorfeld als Favoritin gehandelt.
Lange galt EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) als einer der Hauptanwärter für Sassolis Nachfolge. Im September gab er jedoch bekannt, sich stattdessen auf den Vorsitz der Europäischen Volkspartei (EVP) zu bewerben.
mbn/jes/ck/gap
© Agence France-Presse