Caritas international, das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, fordert mehr Solidarität mit ärmeren Staaten bei der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie. "Wir brauchen dringend mehr Impfstoff für alle", sagt Oliver Müller, Leiter von Caritas international und ergänzt: "Alle bislang getroffenen Maßnahmen zur einer weltweilt gerechten Verteilung haben sich als unzureichend erwiesen. Das zeigt sich gerade an der Ausbreitung der neuen Virus-Variante Omikron. Impfstoffe müssen endlich zum öffentlichen Gut für alle werden."
Caritas international fordert deshalb gemeinsam mit zahlreichen Caritas-Organisationen weltweit, die deutsche Regierung und die Europäische Union auf, bei der Tagung der Welthandelskonferenz in Genf einer befristeten Ausnahmeregelung für geistige Eigentumsrechte an COVID-19-Impfstoffen, -Diagnostika und -Therapeutika zuzustimmen.
Sollte der von Indien und Südafrika eingebrachte Vorschlag angenommen werden, könnte er Impfstoffherstellern in Entwicklungsländern die Herstellung von COVID-19-Impfstoffen ermöglichen. Die Ausnahmeregelung liegt seit über einem Jahr auf dem Verhandlungstisch und wird von mehr als 120 Ländern, darunter dem gesamten afrikanischen Kontinent sowie den Vereinigten Staaten von Amerika, unterstützt.
Der Koalitionsvertrag der kommenden Ampelkoalition gibt allerdings wenig Anlass zur Hoffnung, dass die neue Bundesregierung in Zukunft einer zeitlich begrenzten Freigabe von Covid-19-Impfstoff-Patenten zustimmen wird. Vielmehr setzt die kommende Regierung laut Koalitionsvertrag auf "freiwillige Produktionspartnerschaften und den Transfer von Know-how, um die Produktionskapazitäten für Medikamente und Impfstoffe weltweit auszubauen."
Oliver Müller bezweifelt, dass freiwillige Maßnahmen ausreichen werden, um die Pandemie in allen Teilen der Welt gleichermaßen bekämpfen zu können. "Die Mitglieder der G20-Staaten haben 15-mal mehr COVID-19-Impfdosen pro Kopf erhalten als die afrikanischen Länder südlich der Sahara. Das Ergebnis ist, dass nur 6 Prozent der in Afrika lebenden Menschen vollständig geimpft sind. Das Prinzip über die globale COVID-19-Impfkampagne COVAX auf Impfstoff-Spenden zu setzen, hat sich bei der weltweiten Bekämpfung der Pandemie als stumpfes Schwert erwiesen."
Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO wurden von der Impfstoffmengen, welche die reicheren Länder in den vergangenen sechs Monaten COVAX zugesagt haben, nur 15 Prozent geliefert. Zuletzt hatte Deutschland die Lieferung seiner für Dezember versprochenen Impfdosen auf Januar oder Februar geschoben. "Dies steht in krassem Gegensatz zu den wiederholten Erklärungen von deutschen Regierungsvertretern, dass niemand sicher sei, solange wir nicht alle sicher sind", sagt Oliver Müller. "Die kommende Regierung muss dringend nicht nur mehr Fortschritt, sondern auch mehr Solidarität wagen."
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