Die WHO wies bei ihrer Einstufung am Montag auf die vielen noch bestehenden Unsicherheiten zur Übertragbarkeit und Gefährlichkeit der neuen Virusvariante hin. "Bisher wurden keine Todesfälle im Zusammenhang mit der Omikron-Variante gemeldet", betonte die Organisation in einem technischen Dokument, das den Behörden auch Ratschläge gibt, wie sie versuchen können, die Verbreitung der neuen Variante einzudämmen.
Am Donnerstag war in Südafrika die Entdeckung einer neuen Variante mit der wissenschaftlichen Bezeichnung B.1.1.529 bekannt gegeben worden. Nach Angaben südafrikanischer Wissenschaftler könnte die Variante wegen der ungewöhnlich vielen Mutationen noch ansteckender als die derzeit grassierende Delta-Variante sein und die Impfstoffe weniger wirksam machen. Die WHO stufte die nach dem griechischen Buchstaben Omikron benannte Variante als "besorgniserregend" ein.
Dennoch plädierte die WHO dafür, die Grenzen weiterhin offen zu halten. Ungeachtet dessen haben viele Staaten weltweit ihre Grenzen für Reisende aus Südafrika und mehreren anderen afrikanischen Ländern geschlossen. Südafrika fühlte sich dadurch für die Enthüllung der Variante "bestraft" und forderte eine "sofortige und dringende" Aufhebung der Reisebeschränkungen.
Japan hatte erst Anfang des Monats erklärt, einigen Geschäftsreisenden, ausländischen Studenten und anderen Visuminhabern die Einreise wieder zu gestatten. Am Montag kündigte der Ministerpräsident des G7-Landes, Fumio Kishida, dann die Schließung der Grenzen für alle Ausländer für den folgenden Tag an.
Mit der Rücknahme der Reiseerleichterungen schloss sich Japan Israel an, das bereits seit Sonntag wieder für Ausländer unerreichbar ist. Auch die Philippinen kündigten an, wegen der neuen Virus-Variante ihre Pläne zur Einreise geimpfter Touristen auszusetzen - ein schwerer Schlag für die vom Tourismus abhängige Inselnation.
Der Leiter der Virologie an der Berliner Charité, Christian Drosten, sagte am Sonntag im ZDF-"heute Journal": "Keiner kann im Moment sagen, was da auf uns zukommt". Er fügte an: "Das Einzige was man wirklich mit Sicherheit sagen kann, es ist besser, wenn man geimpft ist. Es ist noch besser, wenn man geboostert ist." Ähnlich äußerte sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". "Wir müssen boostern, boostern, boostern", sagte er und forderte Kontaktbeschränkungen auf nationaler Ebene.
Unterdessen gehen die Bemühungen um eine international koordinierte Reaktion auf die weitgehend unbekannte neue Variante weiter. Großbritannien hatte Sonntagabend eine Dringlichkeitssitzung der Gruppe der G7-Staaten für Montag angekündigt, "um die Entwicklungen in Bezug auf Omikron" zu besprechen. Zur Gruppe gehören Deutschland, Frankreich, Kanada, Italien, Japan und die USA gehören.
Kanada hatte am Sonntag die ersten Fälle der neuen Variante registriert, die bereits in Deutschland, Italien und Großbritannien festgestellt wurde. Der französische Gesundheitsminister Olivier Véran ging am Sonntag davon aus, dass es "höchstwahrscheinlich eine Frage von Stunden" sei, bis die Variante auch in seinem Land festgestellt wird. Die Schweiz meldete am Sonntag einen "wahrscheinlichen ersten Fall", der sich in den kommenden Tagen durch weitere Analysen bestätigen soll. Auch Japan untersucht derzeit einen Verdachtsfall.
In vielen Ländern werden Verdachtsfälle unter strenge Beobachtung gestellt. Dennoch schaffte es in den Niederlanden am Sonntag ein Paar, aus dem Quarantänehotel zu fliehen. Es wurde in einem Flugzeug, das gerade nach Spanien starten wollte, festgenommen und erneut unter Quarantäne gestellt.
fml/gap
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