Das Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP werde dem Land nach 16 Jahren unter Führung der Union einen Aufbruch ermöglichen: Mit diesem Argument warben sowohl SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz als auch FDP-Chef Christian Lindner bei den Delegierten ihrer Parteien um Zustimmung.
"Das wird eine Regierung von drei Parteien, die mehr Fortschritt für Deutschland wagen wollen", sagte Scholz auf dem SPD-Parteitag. Lindner sagte bei dem FDP-Treffen: "Es ist ein Koalitionsvertrag für eine Politik der Mitte, der unser Land nicht nach links rückt, sondern nach vorne führen will."
Für SPD und FDP bedeutet die "Ampel" die erste Regierungszusammenarbeit auf Bundesebene seit dem Bruch der sozialliberalen Koalition 1982. Ein Dreierbündnis mit den Grünen gab es im Bund noch nie.
Als inhaltliche Schwerpunkte, die der SPD besonders wichtig seien, nannte Scholz den Kampf gegen den Klimawandel, die geplante Kindergrundsicherung, das neue Bürgergeld und den Wohnungsbau, aber auch den höheren Mindestlohn und Fortschritte bei der Gleichberechtigung von Frauen.
Linder nannte auf dem FDP-Parteitag fünf Projekte des Koalitionsvertrags, die besondere Bedeutung für seine Partei hätten: die Förderung des Aufstiegs durch Bildung, den klimafreundlichen Umbau zu einer "sozial-ökologischen Marktwirtschaft", die gesellschaftspolitische Liberalisierung, die Digitalisierung sowie eine solide Finanzpolitik in Deutschland und Europa.
Der FDP-Chef betonte, dass er in dem Koalitionsvertrag eine deutliche liberale Handschrift sehe. "In diesem Koalitionsvertrag sind viele Projekte und Anliegen der Freien Demokraten enthalten", sagte er. Er gehe sogar so weit zu sagen, in einer CDU-geführten Jamaika-Koalition "hätte es nicht mehr liberale Politik gegeben, als jetzt in dieser Ampel-Konstellation möglich ist".
Scholz und Lindner hoben vor ihren Delegierten hervor, dass der Koalitionsvertrag allen drei beteiligten Parteien viele Kompromisse abverlangt habe. Für alle habe es bedeutet, "sich einen Ruck zu geben", sagte Scholz. Den nun bevorstehenden Aufbruch verglich Scholz mit dem Amtsantritt des ersten SPD-Bundeskanzlers Willy Brandt 1969.
Lindner zollte Scholz persönlich Respekt: In den Koalitionsverhandlungen habe sich dieser als "Führungspersönlichkeit" bewährt, sagte der FDP-Chef. "Ich hebe hervor, dass insbesondere der designierte Bundeskanzler mit großem Geschick vermocht hat, zuvor Trennendes in sinnvoller Weise zu verbinden."
Als letzte der Ampel-Parteien wollen am Montag die Grünen ihr Votum zum Koalitionsvertrag bekannt geben. Dann soll das Ergebnis der Mitgliederabstimmung vorliegen, an der sich alle 125.000 Parteimitglieder beteiligen durften.
Ebenfalls am Montag will die SPD die Besetzung der ihr zustehenden Ministerien bekannt geben. Am Dienstag dann soll der Koalitionsvertrag unterzeichnet werden, am Mittwoch soll die neue Regierung ihr Amt antreten.
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