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Nicaragua wechselt die Seiten

Nicaragua bricht die diplomatische Beziehungen zu Taiwan zugunsten Pekings ab.

Nicaragua hat überraschend die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abgebrochen und erkennt nun die Volksrepublik China an. Außenminister Denis Moncada erklärte am Donnerstag (Ortszeit), dass die Volksrepublik China die "einzige legitime Regierung" sei, die "ganz China" vertritt. Am Freitag (Ortszeit) unterzeichnete eine Delegation des zentralamerikanischen Landes in China ein Dokument, das den Seitenwechsel besiegelte. Taipeh und Washington kritisierten den Schritt.

Die Delegation in der chinesischen Stadt Tianjin wurde von Laureano Facundo Ortega Murillo, dem Sohn des nicaraguanischen Präsidenten Daniel Ortega angeführt. Dieser war kürzlich in einer umstrittenen Wahl für eine vierte Amtszeit bestätigt worden. Ortegas Frau Rosario Murillo ist seine Vizepräsidentin.

Außenminister Moncada erklärte, Taiwan sei "ein unveräußerlicher Teil des chinesischen Territoriums". Damit folgte er der Linie Pekings, wonach die Insel eine abtrünnige Provinz sei. China strebt die Wiedervereinigung Taiwans mit dem Festland an, notfalls mit Gewalt. Gleichzeitig bemüht sich Peking darum, Taiwan international zu isolieren.

Taiwans Außenministerium nahm die Entscheidung Ortegas mit "Schmerz und Bedauern aus tiefstem Herzen" zur Kenntnis. Präsidentin Tsai Ing-wen sagte vor Reportern: "Je mehr internationale Unterstützung wir haben, desto mehr Druck wird das autoritäre Lager ausüben".

Peking begrüßte Nicaraguas Schritt hingegen. "Dies ist eine richtige Entscheidung, die den allgemeinen Trends und den Bestrebungen des Volkes entspricht", erklärte das chinesische Außenministerium.

Als Reaktion riefen die USA "alle Länder, die demokratische Institutionen schätzen" dazu auf, ihr "Engagement mit Taiwan ausweiten". Wie das Außenministerium in Washington erklärte, spiegle Ortegas Entscheidung zudem "nicht den Willen des nicaraguanischen Volkes wider", da dessen Wiederwahl ein "Schwindel" sei. 

In den Monaten vor der Wahl Anfang November hatten die nicaraguanischen Behörden fast 40 Oppositionelle festgenommen, darunter auch einige potenzielle Herausforderer Ortegas. Die USA hatten Ortega und seine Familie deshalb mit Sanktionen belegt. 

Für Taiwan ist die Entscheidung Nicaraguas zudem ein empfindlicher Rückschritt, nachdem die Regierung in Taipeh kürzlich einige diplomatische Erfolge feiern konnte. So gehört sie beispielsweise - anders als Peking - zum Teilnehmerkreis des Demokratie-Gipfels von US-Präsident Joe Biden.

Taiwan arbeitete bisher mit Nicaragua vor allem in den Bereichen Gesundheit, Landwirtschaft und sozialer Wohnungsbau zusammen. Mehrere taiwanesische Unternehmen sind seit den 1990er Jahren in dem zentralamerikanischen Land ansässig. 

Ortega hatte in den vergangenen Jahren allerdings einen schwierigen diplomatischen Balanceakt unternommen, indem er die Beziehungen zu Peking verbessern wollte, ohne Taiwan zu verleugnen. Peking hatte dies jedoch nicht gutgeheißen. Dem Ökonomen Oscar René Vargas zufolge könnten die US-Sanktionen Ortega zum Seitenwechsel motiviert haben, da er sich "chinesische politische Unterstützung" erhoffe.

Nach jahrzehntelangem Druck aus Peking erkennen nur noch 14 Länder Taiwan offiziell als Staat an. In Lateinamerika hatte China mit seiner diplomatischen Offensive zuletzt einigen Erfolg: Panama, El Salvador und die Dominikanische Republik wechselten in den vergangenen Jahren die Seiten und brachen ihre Beziehungen zu Taipeh ab.

Honduras, Guatemala und Belize sind die letzten Verbündeten Taiwans in Lateinamerika. Die gewählte Präsidentin von Honduras, Xiomara Castro, die Ende Januar ihr Amt antreten wird, hatte während ihres Wahlkampfes allerdings versprochen, zugunsten Pekings mit Taiwan zu brechen.

Anders ist die Situation in Osteuropa: Als EU-Mitglied Litauen beispielsweise kürzlich die Eröffnung einer taiwanischen diplomatischen Vertretung unter dem Namen "Taiwan" erlaubte, verhängte Peking Importverbote und stufte die diplomatischen Beziehungen zu dem Land herunter. Üblicherweise tragen die diplomatischen Büros Taiwans Namen wie "Taipeh Vertretung" - so auch in Deutschland. Auch Tschechien und die Slowakei hatten sich trotz Chinas Protest zuletzt wieder an Taipeh angenähert.

fml