Juristischer Etappensieg für US-Präsident Joe Biden: Ein US-Bundesberufungsgericht hat die Herausgabe der Akten zur Erstürmung des Kapitols in Washington genehmigt. Das Gericht hielt am Donnerstag das Urteil einer niedrigeren Instanz aufrecht, wonach die Unterlagen aus dem Nationalarchiv an einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Kongresses übergeben werden dürfen. Der frühere US-Präsident Donald Trump, dessen Anhänger im Januar das Kapitol gestürmt hatten, hatte gegen die Herausgabe der Dokumente geklagt.
Der Ex-Präsident hatte sich in seiner Klage gegen die Herausgabe der Akten auf das sogenannte Exekutivprivileg berufen. Dieses erlaubt es einem Präsidenten, bestimmte Dokumente geheim zu halten. Ein Bundesgericht hatte diese Argumentation im November aber zurückgewiesen. Trumps exekutive Befugnisse gälten nicht lebenslang, erklärte die zuständige Richterin.
Das Berufungsgericht entschied nun, dass Bidens Entscheidung zur Freigabe der Dokumente mehr Gewicht hat als Trumps Verweigerungshaltung. "Das Recht eines ehemaligen Präsidenten genießt sicherlich kein größeres Gewicht als das des Amtsinhabers", argumentierte das Berufungsgericht. "In diesem Fall hat Präsident Biden als Chef der Exekutive ausdrücklich festgestellt, dass der Kongress einen zwingenden Bedarf an genau diesen Dokumenten nachgewiesen hat und dass die Offenlegung im besten Interesse der Nation liegt".
Das Urteil hat allerdings nicht die sofortige Freigabe der Unterlagen zur Folge. Das Berufungsgericht teilte mit, dass Trumps Anwälte zwei Wochen Zeit hätten, den Fall vor den Obersten Gerichtshof zu bringen. Es wird erwartet, dass Trumps Anwälte dort einen erneuten Aufschub der Freigabe beantragen werden, während der Oberste Gerichtshof den Fall prüft.
"Unabhängig von der heutigen Entscheidung des Berufungsgerichts war dieser Fall immer für den Obersten Gerichtshof bestimmt", sagte Trump-Sprecherin Liz Harrington. "Präsident Trumps Pflicht, die Verfassung und das Amt des Präsidenten zu verteidigen, geht weiter, und er wird weiter für jeden Amerikaner und jede zukünftige Regierung kämpfen."
Das Berufungsgericht erklärte jedoch, dass Trump nicht im Interesse der USA handelt. Das öffentliche Interesse an den Aufzeichnungen, die sich im Besitz des Nationalarchivs befinden, sei größer als Trumps eigenes. "Dieses öffentliche Interesse ist umso größer, wenn, wie in diesem Fall, der Gesetzgeber mit Dringlichkeit vorgeht, um gewaltsame Angriffe auf die Bundesregierung und Störungen der friedlichen Machtübergabe zu verhindern", erklärte das Gericht.
Radikale Trump-Anhänger hatten das Kapitol am 6. Januar gestürmt, als dort Bidens Sieg bei der Präsidentschaftswahl vom 3. November zertifiziert werden sollte. Bei dem Angriff, der weltweit für Schlagzeilen sorgte, kamen fünf Menschen ums Leben. Der vom Repräsentantenhaus eingesetzte Untersuchungsausschuss soll die genauen Hintergründe der Attacke aufklären.
Zu den Dokumenten, die Trump zu blockieren versucht, gehören Aufzeichnungen seiner wichtigsten Berater und Memos an seinen ehemaligen Pressesekretär. Einige ehemalige Mitarbeiter halten dem Ex-Präsidenten dabei nach wie vor die Treue: Der ehemalige Top-Stratege Steve Bannon verweigerte eine Aussage und wurde wegen Missachtung des Parlaments angeklagt und anschließend vom Justizministerium verhaftet. Es wird erwartet, dass der Ausschuss nächste Woche auch gegen den ehemaligen Stabschef Mark Meadows wegen Verweigerung der Aussage strafrechtlich vorgeht.
Die Arbeit des Ausschusses geht unterdessen weiter: Die stellvertretende Vorsitzende Liz Cheney sagte am Donnerstag, der Ausschuss habe inzwischen fast 300 Zeugen gehört. Am Donnerstag sagten der ehemaligen Trump-Vertraute und Pentagon-Beamte Kash Patel sowie Ali Alexander, der die Pro-Trump-Kundgebung beim Weißen Haus vor dem Anschlag auf das Kapitol mitorganisiert hatte, aus.
fml
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