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Baerbock für Abrüstung

Die Bundesregierung will sich international deutlich stärker in der Abrüstungsdiplomatie engagieren.

Der Koalitionsvertrag sei sehr klar: Die "Ampel" wolle eine "Führungsrolle" bei der Förderung von Abrüstungsinitiativen einnehmen, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihren Kolleginnen aus Schweden und Norwegen in Stockholm. In der schwedischen Hauptstadt tagte am Dienstag die sogenannte Stockholm-Initiative, die sich gegen den Stillstand bei der globalen nuklearen Abrüstung wendet.

In ihrem Koalitionsvertrag hatte die Bundesregierung eine "abrüstungspolitische Offensive" gefordert und angekündigt, eine führende Rolle bei der Stärkung internationaler Abrüstungsinitiativen und Nichtverbreitungsregimes einnehmen zu wollen. Dieses Vorhaben bekräftigte Baerbock in Stockholm. Die nukleare Abrüstung sei für die neue Bundesregierung ein zentrales Thema. Eine atomwaffenfreie Welt sei eine "sicherere Welt". 

Schwedens Außenministerin Ann Linde betonte, das Risiko für den Einsatz von Nuklearwaffen sei so groß wie seit vielen Jahren nicht mehr. In einer gemeinsamen Abschlusserklärung riefen die Minister der Stockholm-Initiative die Nuklearwaffenstaaten dazu auf, die Abrüstung gemäß Artikel VI des Atomwaffensperrvertrags voranzutreiben. Eine "Wiederherstellung" des Vertrauens zwischen den Nuklearwaffenstaaten könne überdies helfen, den lange währenden Stillstand bei der globalen Abrüstung zu beenden. 

Das Treffen der Stockholm-Initiative fand weniger als vier Wochen vor der zehnten Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags (NVV) in New York statt. Ziel sei es, bei der Überprüfungskonferenz "konkrete Vereinbarungen" zu erreichen, "um dem Nichtverbreitungsvertrag neue Glaubwürdigkeit und damit auch praktische Geltung zu verschaffen", betonte Baerbock. "Eine weitere Überprüfungskonferenz ohne greifbare Ergebnisse können wir uns nicht leisten."

Aus Sicht der Bundesregierung könnte die Stockholm-Initiative in der Abrüstungsdiplomatie künftig eine wichtigere Rolle spielen; als abrüstungspolitisches Format wird sie im Koalitionsvertrag ausdrücklich hervorgehoben. Deutschland und Schweden teilen sich in der 2019 ins Leben gerufenen Initiative den Vorsitz, weitere Teilnehmerstaaten sind unter anderem Kanada, Spanien, Japan, Norwegen und Jordanien. 

Atomwaffenstaaten sind in der Initiative hingegen nicht vertreten. Baerbock betonte am Dienstag, dass die Initiative sich auch als "Brückenbauer" zwischen diesen Staaten und den Nichtatomwaffenstaaten verstehe. Als Land, "das niemals Atommacht gewesen ist und niemals Atommacht werden will", wolle Deutschland einen Beitrag auf dem Weg zu einer atomwaffenfreien Welt leisten. 

Baerbock bekräftigte in Stockholm das Vorhaben der Ampel-Koalition, dem Atomwaffenverbotsvertrag als Beobachterstaat beizutreten. Ein Widerspruch zu dem Bekenntnis der "Ampel" zur Nato und der nuklearen Teilhabe sei dies nicht, betonte Baerbock. Zuletzt habe sie auch bei Gesprächen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel unterstrichen, dass das Engagement Deutschlands für die Abrüstung "keineswegs daran rüttelt, dass wir Nato-Mitglied sind und der nuklearen Teilhabe verpflichtet sind". 

Dem widersprach die Linken-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen. Die Linke begrüße jeden Einsatz für eine atomwaffenfreie Welt, erklärte sie mit Blick auf das deutsche Engagement in der Stockholm-Initiative. Überfällig seien aber "substanzielle Abrüstungsschritte der Bundesregierung". "Mit der geplanten Neuanschaffung atomwaffenfähiger Kampfjets für die Bundeswehr und dem Festhalten an der nuklearen Teilhabe in der Nato ist die Ampelkoalition auf dem Irrweg", erklärte Dagdelen weiter.

Die internationalen Bemühungen um atomare Abrüstung waren in den vergangenen Jahren weitgehend zum Erliegen gekommen. Das einzige verbliebene große Abkommen zwischen den Atommächten USA und Russland zur atomaren Abrüstung ist das New-Start-Abkommen. Es verpflichtet die beiden Staaten dazu, ihre einsatzbereiten Atomsprengköpfe auf jeweils 1550 zu begrenzen. 

Der INF-Vertrag über das Verbot landgestützter atomarer Mittelstreckenraketen war 2019 ausgelaufen, in diesem Jahr besiegelte Russland seinen Ausstieg aus dem Vertrag über internationale Beobachtungsflüge, dem sogenannten Open-Skies-Abkommen.

isd/ck