Rechnerisch verfügt die rot-grün-rote Koalition über eine Mehrheit von 92 der 147 Parlamentssitze. Allerdings fehlten bei der geheimen Abstimmung am Dienstag mehrere Abgeordnete. Abgegeben wurden insgesamt 139 Stimmen, eine war ungültig.
Mit Giffey hat seit Gründung der Bundesrepublik zum ersten Mal eine Frau das höchste Amt in der Berliner Landespolitik inne. Die SPD-Politikerin Louise Schroeder stand von 1947 bis 1948 an der Spitze Berlins - war als kommissarische Oberbürgermeisterin Berlins aber nicht gewählt. Die ehemalige Bundesfamilienministerin Giffey tritt die Nachfolge von Michael Müller (SPD) an, der in den Bundestag wechselte.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) war bei der Wahl anwesend und gratulierte Giffey. Sie sei "eine Politikerin mit ausgewiesener Expertise", erklärte Woidke. Ihn freue besonders, dass die Kooperation von Berlin und Brandenburg "weiter intensiviert" werden solle.
Nach ihrer Wahl wurde Giffey vor dem Landesparlament vereidigt, danach war die Ernennung und Vereidigung der neuen Senatsmitglieder vorgesehen. Die SPD wird vier Senatoren und Senatorinnen in der neuen Landesregierung stellen, Grüne und Linke jeweils drei.
Bereits am Morgen unterzeichneten Vertreterinnen und Vertreter der drei Bündnispartner in der Staatsbibliothek ihren Koalitionsvertrag für die Bildung der neuen Landesregierung. Der Weg dafür ist seit Freitag frei: Die Linken stimmten bei einem Mitgliederentscheid mehrheitlich für den Koalitionsvertrag. Die Hauptstadt-SPD segnete das gut 150 Seiten lange Papier zuvor auf einem Parteitag ab, die Grünen ebenso.
Ihren Koalitionsvertrag stellten die drei Parteien unter das Motto "Zukunftshauptstadt Berlin". Unter anderem sollen bis 2030 mindestens 200.000 neue Wohnungen errichtet und der öffentlichen Nahverkehr massiv ausgebaut werden. Um dem Lehrkräftemangel zu begegnen, sollen zudem Lehrerinnen und Lehrer wieder verbeamtet werden.
In Bezug auf den "Deutsche Wohnen & Co. enteignen"-Volksentscheid einigten sich die drei Parteien auf einen Kompromiss: In den ersten hundert Tagen wird eine Expertenkommission zur Prüfung der Umsetzung eingesetzt. Die den Volksentscheid initiierende Initiative kritisierte die Entscheidung - und protestierte am Dienstag vor dem Abgeordnetenhaus für eine schnellere Umsetzung.
Die Sozialdemokraten hatten die Abgeordnetenhauswahl am 26. September klar vor den Grünen und der CDU gewonnen, die Linke belegte Platz vier. Anschließend sondierte die SPD auch mit CDU und FDP, sprach sich letztlich aber für eine Neuauflage des Bündnisses mit Grünen und Linkspartei aus.
Der Wahltag war überschattet von zahlreichen Pannen: In einigen Wahllokalen gingen Stimmzettel aus, in anderen lagen die falschen aus, es kam zudem zu langen Schlangen. Die Landeswahlleiterin trat deshalb anschließend zurück.
Beim Berliner Verfassungsgerichtshof legten unter anderem der damals amtierende Innensenator Andreas Geisel (SPD) Einspruch gegen das Wahlergebnis ein. Je nach Ergebnis der Prüfung könnte es in einzelnen Wahlkreisen zu einer Wahlwiederholung kommen.
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