In Berlin hat am Sonntag die internationale Libyen-Konferenz begonnen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte die teilnehmenden Staats- und Regierungschefs sowie die Außenminister der Teilnehmerstaaten am Mittag im Bundeskanzleramt. Hauptziele des Zusammentreffens unter UN-Schirmherrschaft sind die Beendigung ausländischer Einmischung in Libyen sowie die Festigung einer seit Ende vergangener Woche geltenden Waffenruhe in Libyen. Im Vorfeld der Konferenz soll es in Libyen zu erneuten Kämpfen gekommen sein.
Zu den Konferenzteilnehmern gehören unter anderem der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan, Kreml-Chef Wladimir Putin, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und US-Außenminister Mike Pompeo. Auch der Chef der libyschen Einheitsregierung, Fajes al-Sarradsch, und der abtrünnige libysche General Chalifa Haftar reisten zu dem Treffen nach Berlin.
Merkel und Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) seien vor Konferenzbeginn sowohl mit al-Sarradsch als auch mit Haftar zu bilateralen Gesprächen im Kanzleramt zusammengekommen, teilte ein Regierungssprecher mit. Die Teilnahme beider libyscher Konfliktparteien hatte bis zuletzt als ungewiss gegolten. Zu Wochenbeginn von Russland und der Türkei geleitete Verhandlungen über die Einzelheiten der Waffenruhe waren gescheitert, nachdem Haftar die Unterzeichnung eines bereits von al-Sarradsch unterschriebenen Abkommens verweigert hatte.
Die Bundesregierung und die UNO hoffen, dass es in Berlin zu einer Einigung über eine Festigung der Waffenruhe kommt. Der Entwurf der Abschlusserklärung sieht außerdem eine Selbstverpflichtung der Konferenzteilnehmer vor, nicht in den Libyen-Konflikt und die inneren Angelegenheiten des Landes einzugreifen. Ein nach dem Sturz des langjährigen libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 verhängtes Waffenembargo gegen Libyen sei bislang nicht ausreichend eingehalten worden, hatte Merkel im Vorfeld der Konferenz kritisiert.
Die Bürgerkriegsparteien in Libyen könnten sich nur bekämpfen, "weil sie von außen militärisch unterstützt werden", betonte auch Maas am Sonntag im Kurzbotschaftendienst Twitter. "Wir müssen das stoppen, damit Libyen nicht das neue Syrien wird" schrieb der SPD-Politiker weiter.
Ein Ende der ausländischen Einmischung in Libyen forderte auch der UN-Sondergesandte Ghassan Salamé. Die internationale Beteiligung an dem Konflikt vertiefe die Spaltung der libyschen Bevölkerung zusätzlich, sagte Salamé der Nachrichtenagentur AFP am Samstag.
Andere Konferenzteilnehmer lenkten die Aufmerksamkeit vor allem auf die Stärkung der Waffenruhe. Die Berliner Konferenz könne ein "wichtiger Schritt" hin zu einem dauerhaften Waffenstillstand und einer "politischen Lösung" in Libyen sein, sagte der türkische Präsident Erdogan vor seinem Abflug am Istanbuler Flughafen.
US-Außenminister Mike Pompeo erklärte bei Twitter, während eines "produktiven" Treffens mit dem Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Abdullah bin Sajed, im Vorfeld der Konferenz habe er die "Notwendigkeit eines dauerhaften Waffenstillstands" und das "Ende aller ausländischer Einmischungen" in Libyen hervorgehoben.
Die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten gelten als wichtigste Unterstützer des abtrünnigen Generals Haftar, der einen Großteil des Ostens und Südens Libyens kontrolliert und die von der UNO anerkannte Einheitsregierung von Sarradsch bekämpft. Auch Russland wird regelmäßig vorgeworfen, den abtrünnigen General zu unterstützen, was die Regierung in Moskau jedoch bestreitet.
Die Türkei unterstützt in dem Konflikt dagegen al-Sarradschs Einheitsregierung. Nach dem Scheitern der Moskauer Verhandlungen hatte Erdogan Haftar mit einer "Lektion" gedroht und die EU zu einer "angemessenen" Unterstützung der Einheitsregierung in Tripolis aufgefordert. Um eine politische Lösung für Libyen zu erreichen, müsse "Haftars aggressive Haltung" aufhören, betonte Erdogan laut der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu am Sonntag erneut während eines Treffens mit Putin.
Nach Angaben der libyschen Einheitsregierung gab es unmittelbar vor Konferenzbeginn einen erneuten Verstoß gegen die Waffenruhe. Haftars Truppen hätten im Süden von Tripolis das Feuer auf Regierungseinheiten eröffnet, hieß es. Am Samstag hatten Haftars Truppen die Öl-Exporte an der ostlibyschen Küste blockiert.
isd/lan
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