Kiew und westliche Regierungen werfen Russland seit Mitte November vor, an der Grenze zur Ukraine zehntausende Soldaten zusammengezogen zu haben. Beobachter befürchteten einen möglichen Einmarsch der russischen Armee in das Nachbarland. Moskau dementierte jegliche Angriffspläne.
Am Samstag teilte das russische Verteidigungsministerium mit, die Armee habe ihre Militärmanöver nahe der Grenze zur Ukraine beendet. Mehr als 10.000 Soldaten seien in ihre Stützpunkte zurückgekehrt.
Demnach hatten "Kampfübungen" auf verschiedenen Militärstandorten in den russischen Regionen Wolgograd, Rostow und Krasnodar sowie auf der annektierten Halbinsel Krim stattgefunden, die in unmittelbarer Nähe zur Ukraine liegen. Weitere Manöver habe es in weiter von der Ukraine entfernten Gebieten wie Stawropol, Astrachan und im Nordkaukasus gegeben. Angaben dazu, in welche Stützpunkte die Soldaten zurückkehrten, machte das Militär nicht.
Nach Schätzungen der Regierung in Kiew befanden sich zuletzt 104.000 russische Soldaten im Grenzgebiet zur Ukraine. Russland weist jegliche Kritik an seinen Truppenbewegungen in der Grenzregion zurück und wirft seinerseits Kiew und der Nato "Provokationen" vor.
Von der Nato forderte Russlands Präsident Wladimir Putin zuletzt Sicherheitsgarantien mit einem Verzicht auf eine Osterweiterung. Am Mittwoch drohte er mit Blick auf die angeblich "aggressive" Haltung des Westens mit militärischen "Vergeltungsmaßnahmen".
Seither unterstrichen sowohl Russland als auch westliche Regierungen ihre Gesprächsbereitschaft. Ein Vertreter des Weißen Hauses erklärte, die USA seien zu einem diplomatischen Austausch "ab Anfang Januar" bereit. Wie aus Regierungskreisen in Berlin verlautete, ist zu Jahresbeginn auch ein "ausführliches Treffen" des außenpolitischen Beraters von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Jens Plötner, und dem russischen Ukraine-Beauftragen Dmitri Kosak geplant.
Der Tonfall zwischen den Konfliktparteien blieb unterdessen scharf. Putin strebe die "Zerstörung" der Ukraine und die Wiederherstellung der Sowjetunion an, sagte der ukrainische Sicherheitsberater Danilow am Freitag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Dabei setze Putin aber weniger auf eine militärische Eskalation als auf eine Destabilisierung der Ukraine von innen - mit Cyberangriffen und einer absichtlichen Verschärfung der Energiekrise, sagte Danilow.
Moskau wolle "unser Land auseinander reißen, so dass es in seinen derzeitigen Grenzen nicht mehr existiert", sagte Danilow. 30 Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion strebe Putin die "Wiederherstellung der UdSSR" an. Um der Ukraine zu helfen, müsse der Westen Defensivwaffen an das Land liefern, forderte er.
Russland wies unterdessen Vorwürfe zurück, mit einer Drosselung von Gaslieferungen politischen Druck auf Europa ausüben zu wollen. Bei diesen Vorwürfen handele es sich um "Lügen", sagte ein Sprecher des staatlichen Energieriesen Gazprom am späten Samstagabend.
Zuvor hatte das russische Außenministerium den Ton gegenüber Kiew verschärft. Einen Angriff mit einem Molotow-Cocktail auf das russische Generalkonsulat in Lwiw (Lemberg) ohne Verletzte prangerte das Ministerium als "Terroranschlag" an, der seine Ursache in der "Aufstachelung zur Feindseligkeit gegenüber Russland in der Ukraine" habe.
Beobachter werfen Putin vor, unter dem Vorwand angeblicher Provokationen aus dem Westen den Konflikt mit Kiew weiter eskalieren zu wollen. In der Ostukraine herrscht bereits seit 2014 Krieg zwischen prorussischen Rebellen und der ukrainischen Armee. Die Ukraine und westliche Staaten werfen Moskau vor, die Rebellen militärisch zu unterstützen, was der Kreml bestreitet.
isd/lan
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