Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

Tatort: Gier und Angst

„Böse Zungen behaupten, der Mensch bestehe überhaupt nur aus zwei Grundemotionen: Gier und Angst.

Foto: ORF/WDR/unafilm GmbH/Elliott Kreyenberg.

Die Gier nach mehr, die Angst vor dem Nichts.“ So bringen die Drehbuchautoren Sönke Lars Neuwöhner und Martin Eigler das Thema dieses Ruhrgebiets-Tatorts auf den Punkt. Ob sich ihre Behauptung als wahr erweisen wird? Einen passenden Auftakt haben sie jedenfalls gewählt, denn der Vermögensberater Claus Lembach wird tot, mit einem Einschussloch im Kopf, in seinem PKW am Dortmunder Hafen gefunden – und zwar von Josef „Joe“ Micklitza, einem seiner Klienten, der sich mit Lembach dort wegen wichtiger Informationen zu seinen Geldanlagen treffen wollte. Lembach arbeitete für die Vermögensverwaltung von Wiglaf Beck – einer von denen, der „Kohle von den Leuten einsammelt, denen die Sonne aus dem Arsch scheint. Und diese Kohle steckt Becks Firma in Fonds, die sie selber auflegt – damit die Sonne noch ’n bissken heller scheint“ – um das Geschäftsmodell Becks und Lembachs in Kommissar Fabers unnachahmlicher Art zusammenzufassen. Micklitza ist natürlich einer von denen mit der Sonne aus dem … – na, Sie wissen schon. Als CEO, also ganz hohes Tier, bei einem der größten Automobilzulieferer Deutschlands hat er jedenfalls genug Vermögen, um es Lembach anzuvertrauen – wie viel, das weiß er selber nicht genau: „Irgendetwas zwischen zehn und 100 Millionen werden es schon sein.“

0 Meinungen    Foto: ORF/WDR/unafilm GmbH/Elliott Kreyenberg.

Das Geld spielt im neuen Fall der Ruhrgebietskommissare also eine große Rolle – obwohl ein Raubmord schon ausgeschlossen werden kann, denn Portemonnaie und Kreditkarte hatte der Tote noch bei sich, wie die direkt am Tatort befindliche Kriminalbeamtin Martina Bönisch zu berichten weiß, die sich im TV-Krimi „Gier und Angst“ mit den zunehmend aufdringlichen Avancen ihres Kollegen Sebastian Haller von der Spurensicherung herumplagen muss, der immer noch von einer „wunderbaren Beziehung“ mit Martina träumt – die in ihren Augen aber längst Vergangenheit ist und auch nicht wieder aufleben sollte. Doch Haller lässt nicht locker und entwickelt sich zunehmend zum Stalker – eine äußerst unangenehme Erfahrung für Bönisch, gerade während der laufenden Ermittlungen.
Für Micklitza schien die Sonne in letzter Zeit wohl doch nicht mehr so hell, denn er wurde von seinem Arbeitgeber gefeuert und hat überdies noch mehrere Klagen wegen nicht zurückgezahlter Schulden am Hals. Merkwürdigerweise ist er seit der Tatnacht wie vom Erdboden verschluckt. Ob es da einen Zusammenhang gibt? Das bleibt im Tatort „Gier und Angst“ zunächst offen, denn die Kommissare konzentrieren sich erstmal auf das Umfeld des Toten. Lembachs hochschwangere Ehefrau wurde bereits von Wiglaf Beck persönlich über den Tod ihres Mannes informiert – eine Nachricht, die sie nicht gut verkraftet hat, denn anschließend muss sie ins Krankenhaus eingeliefert werden und steht für Befragungen nicht zur Verfügung. In Becks Vermögensholding herrscht mittlerweile helle Aufruhr, denn natürlich hat sich die Nachricht von Lembachs Tod bei seiner hochsensiblen Kundschaft in Windeseile herumgesprochen – das ist Gift in einer Branche, die vor allem vom Vertrauen der vermögenden Klienten lebt. Faber und Herzog bringen in Erfahrung, dass Lembach zuvor für das Bankhaus Roden tätig war, bevor er von Wiglaf Beck abgeworben wurde. Dr. Arthur Mehring, Vorstand der Roden-Bank, verbindet eine langjährige Freundschaft mit Beck – die für ihn zudem äußerst lukrativ ist, denn nahezu alle Vermögensanlagen von Becks Klienten laufen über Mehrings Bank. Klar, dass er Beck den Gefallen nicht ausschlagen konnte, ihm den hochtalentierten Lembach zu überlassen.

Bönisch und Pawlak zieht es im WDR-Tatort „Gier und Angst“ derweil in ein ganz anderes Milieu, denn Josef Micklitza hat noch einen älteren Bruder: Georg „Micki“ Micklitza ist eine Größe im Dortmunder Nachtleben und besitzt einen eigenen Club. Obwohl beide Brüder in völlig unterschiedlichen Welten leben, haben sie den Kontakt zueinander nie ganz abreißen lassen. Kann Micki den Kommissaren vielleicht bei der Suche nach Josef Micklitza weiterhelfen? Vorerst wohl nicht, dennoch erlebt Kommissar Jan Pawlak bei der Befragung in Mickis Club eine faustdicke Überraschung: Für den Bruchteil einer Sekunde sieht er eine Gestalt, die seiner seit einem Jahr verschwundenen Ehefrau Ella verblüffend ähnlich sieht. Er folgt ihr nach draußen, in der Gewissheit, Ella erkannt zu haben, doch sie ist bereits verschwunden. Von einer Angestellten des Clubs erfährt er, dass das „Mickis Braut“ gewesen sei. Von da an ist Pawlak für routinierte Ermittlungsarbeit nicht mehr zu gebrauchen. Er beobachtet Ella, folgt ihr durch die Straßen Dortmunds, stellt sie schließlich zur Rede, konfrontiert sie mit Bildern ihrer gemeinsamen Tochter Mia, die Pawlak alleine, mit Unterstützung seiner Schwiegermutter Britta Tremmel großzieht – doch Ella will von alldem nichts wissen, kann sich eine Zukunft wohl nur an der Seite des zwielichtigen Micki vorstellen, der auch dem Drogenkonsum nicht abgeneigt ist.

Natürlich bleibt seinen Kollegen nicht verborgen, dass Pawlak nicht bei der Sache ist, doch vom Auftauchen seiner bis dahin verschwundenen Frau ahnen sie nichts – bis Bönisch bei einem Besuch der kleinen Mia im Kommissariat ein Foto ihrer Mutter entdeckt. Bönisch hatte Ella bereits einmal in Mickis Wohnung angetroffen, unwissend, um wen es sich tatsächlich handelt. Wie sollen sie nun mit Pawlak umgehen? Ihn zur Rede stellen? Vom Fall abziehen? Unbedingt, meint die stets auf geordnete Abläufe pochende Bönisch. Auf gar keinen Fall, meint der für seine unkonventionellen Ermittlungsmethoden bekannte Faber – und setzt sich durch, schließlich ist er der Boss des Teams. Er lässt Pawlak, der sich eng an Mickis (und Ellas) Fersen geheftet hat, weiterermitteln, in der Hoffnung, dass seine Nähe zu dem Clubbesitzer für alle von Vorteil sein könnte. Aber kann Faber seinem Kollegen tatsächlich noch vertrauen? Vorsichtshalber lässt er ihn beschatten, allerdings ohne den Rest seines Teams einzuweihen. Die internen Konflikte sind bereits vorprogrammiert. Und ob Micki überhaupt etwas zur Aufklärung des Mordes im Dortmund-Tatort „Gier und Angst“ beitragen kann oder gar selbst tatverdächtig ist, ist längst nicht ausgemacht, denn auch das Umfeld der ach so noblen Banker rund um Beck und Mehring ist alles andere als sauber, wie Faber von der mittlerweile genesenen Witwe Lembachs erfahren muss. Die zwei Welten, in denen sich Joe und Micki Micklitza bewegen, sie sind sich ähnlicher, als es auf den ersten Blick scheint. In beiden regiert die Gier – hier nach der noch höheren Rendite, dort nach dem nächsten Drogenrausch – und die Angst vor dem Absturz, die wiederum um so größere Gier erzeugt. Ist Lembach in den Strudel dieses Teufelskreises geraten? Und wo steckt nun eigentlich Joe Micklitza? Es bleiben viele offene Fragen und ungeklärte Konflikte, denen sich Faber und Co. stellen müssen.


Tatort-Besetzung

Hauptkommissar Peter Faber – Jörg Hartmann
Hauptkommissarin Martina Bönisch – Anna Schudt
Hauptkommissarin Rosa Herzog – Stefanie Reinsperger
Hauptkommissar Jan Pawlak – Rick Okon
Josef „Joe“ Micklitza – Stefan Rudolf
sein Bruder Georg „Micki“ Micklitza – Sascha Gersak
Ella Tremmel, Mickis Freundin und Pawlaks Noch-Ehefrau – Anke Retzlaff
ihre Mutter Britta Tremmel – Angelika Bartsch
Ellas und Pawlaks Tochter Mia – Jana Giesel
Sebastian Haller – Tilmann Strauß
Wiglaf Beck – Heiko Pinkowski
Dr. Artur Mehring – André Jung
Max von Alfeld – Matthias Bundschuh
Luisa Grebe – Anja Herden
u. v. a.


Titelfoto: ORF/WDR/unafilm GmbH/Elliott Kreyenberg.