Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

Schießbefehl gegen Demonstranten

Kasachstans Präsident Tokajew erteilt den Schießbefehl gegen Demonstranten.

Angesichts der gewaltsamen Proteste in Kasachstan hat Präsident Kassym-Schomart Tokajew den Sicherheitskräften einen Schießbefehl erteilt. "Ich habe den Befehl gegeben, ohne Vorwarnung tödliche Schüsse abzugeben", sagte Tokajew am Freitag in einer Fernsehansprache. Verhandlungen zur Beilegung der Krise schloss er aus. Mittlerweile sind Truppen des von Russland angeführten Militärbündnisses Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) im Land eingetroffen. Die Metropole Almaty bot ein Bild der Zerstörung.

Die größte Stadt des Landes und dessen wirtschaftliches Zentrum sei von "20.000 Banditen" angegriffen worden, sagte Tokajew. Es handele sich um "Terroristen", die "Eigentum beschädigen" und "Waffen gegen die Bürger einsetzen". Die Angreifer hätten einen klaren Plan gehabt und seien "bereit für den Kampf" gewesen.

Aufrufe, mit den Protestierenden über eine friedliche Lösung zu verhandeln, bezeichnete der Staatschef als "absurd". "Wir haben es mit bewaffneten und ausgebildeten Banditen zu tun", führte er aus. "Sie müssen vernichtet werden, und das wird in Kürze geschehen."

Die zentralasiatische Republik Kasachstan wird seit Tagen von beispiellosen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften erschüttert. Proteste, die sich zunächst gegen steigende Gaspreise gerichtet hatten, weiteten sich zu regierungskritischen Massenprotesten im ganzen Land aus.

Am Donnerstag hielt die Gewalt an, im Zentrum von Almaty, der größten Stadt des Landes, fielen Schüsse, wie AFP-Reporter berichteten. Die Stadt war von den Zusammenstößen des Vortags gezeichnet, mit von Flammen geschwärzten Gebäudefassaden, verkohlten Fahrzeugwracks und Blutlachen und Patronenhülsen auf dem Boden.

Die Räumlichkeiten mehrerer Fernsehsender waren zerstört und das Rathaus der Präsidentensitz in Brand gesetzt worden. Die Fassade des Präsidentenpalastes war von den Flammen geschwärzt und das Eingangstor des Komplexes aufgebrochen.

Nach Regierungsangaben wurden "dutzende" Demonstranten getötet und mehr als tausend weitere verletzt. Auf Seiten der Sicherheitskräfte gab es demnach 18 Tote und fast 750 Verletzte. Mehr als 3000 Demonstranten seien festgenommen worden.

Das Innenministerium teilte am Freitag mit, alle Regionen des Landes seien "befreit und unter verstärkten Schutz gestellt" worden. Landesweit wurden demnach 70 Kontrollpunkte errichtet. Der "Anti-Terroreinsatz" werde aber fortgesetzt, sagte Staatschef Tokajew. Er bezichtigte "die freien Medien und bestimmte Personen im Ausland", zu den Protesten angestachelt zu haben.

Tokajew hatte zuvor einen landesweiten Ausnahmezustand verhängt und militärische Hilfe bei dem von Russland angeführten Militärbündnis Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) angefordert. Am Donnerstag trafen erste Einheiten der Truppe in dem Land ein, "um die Lage zu stabilisieren und zu normalisieren".

"Mein besonderer Dank gilt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er hat sehr schnell und vor allem freundlich auf meinen Anruf reagiert", sagte Tokajew in seiner Fernsehansprache. Die Soldaten wurden nach Angaben der OVKS auf begrenzte Zeit nach Kasachstan geschickt, "um die Lage zu stabilisieren und zu normalisieren". Zur Zahl der entsandten Soldaten machte die OVKS zunächst keine Angaben.

Die USA warnten Russland am Donnerstag vor Menschenrechtsverletzungen in Kasachstan. Auch dürfe Moskau nicht die Institutionen des Landes "übernehmen". Auch der in Frankreich im Exil lebende kasachische Oppositionspolitiker Muchtar Abliasow kritisierte den russischen Militäreinsatz in seinem Heimatland als "Besatzung". Putin arbeite an der "Wiederherstellung der alten UdSSR".

Die Proteste wertete der 53-Jährige im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP als "Revolution". Es sei nun eine Frage der Zeit, bis das derzeitige Regierungssystem in Kasachstan sein Ende finden werde. Nach Jahren der Unzufriedenheit wegen wirtschaftlicher Probleme "hat sich die aufgestaute Frustration entladen. Der Moment ist gekommen und alles ist explodiert."

pe/ju