Insgesamt stelle sich für die CDU die "große Frage", ob sie eine Volkspartei bleiben und wieder Wahlergebnisse von "deutlich über 30 Prozent" erreichen könne, sagte Merz. "Das ist nicht sicher." Das zeige etwa die Entwicklung in anderen europäischen Staaten, in denen die christdemokratischen Parteien teilweise ein "viel dramatischeres Schicksal" erlitten hätten als die deutsche CDU.
Die CDU stehe derzeit vor der schwierigen Aufgabe, als "Partei der Mitte" Wählergruppen "über alle Generationen" und "alle Formen des Zusammenlebens" dauerhaft an sich zu binden. "Wir sind in keiner Altersgruppe mehr in Deutschland vorn", fügte Merz mit Blick auf das Abschneiden seiner Partei bei der Bundestagswahl an. Auch die Lage bei Jungwählern sei "dramatisch". Hier habe die CDU etwa das ganze Thema Digitalisierung vernachlässigt.
Merz soll am Samstag bei einem digitalen Parteitag als neuer Vorsitzender der CDU gewählt werden. Der 66-Jährige träte damit die Nachfolge von Armin Laschet an, unter dessen Führung die Partei bei der Bundestagswahl im vergangenen September die schwerste Niederlage ihrer bisherigen Geschichte erlitten hatte.
Der aktuelle Zustand der CDU sei "ernüchternd", sagte Merz in der "Süddeutschen Zeitung" vom Freitag. Die Partei sei auf die Bundestagswahl nicht richtig vorbereitet gewesen. Auch in der Opposition sei sie nach 16 Jahren an der Regierung noch nicht richtig angekommen. Emotional sei sie in einer "Übergangsphase".
Für seine Wahl auf dem Parteitag wünschte sich Merz ein Ergebnis von mindestens 80 Prozent. "Eine Acht vorne wäre schön", sagte der 66-Jährige in dem Interview.
bro/cha
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