Der Präsident nannte keinen Grund für seine Entscheidung, die 18 Monate vor der kommenden Präsidentschaftswahl erfolgte. Dincer war Anfang Januar in die Kritik geraten, nachdem seine Behörde einen Anstieg der Inflationsrate um gut 36 Prozent im Vorjahresvergleich gemeldet hatte. Dies war der höchste Wert seit mehr als 19 Jahren. Bereits im November 2021 hatte die Inflationsrate rund 21 Prozent erreicht.
Dincer rechtfertigte die von ihm angegebenen Zahlen zur Inflation. "Ich habe eine Verantwortung gegenüber 84 Millionen Menschen", sagte der entlassene Chef der Statistikbehörde der Wirtschaftszeitung "Dünya". Es sei nicht möglich, andere Inflationszahlen zu veröffentlichen als die, die von seiner Behörde festgestellt wurden.
Die Opposition zweifelte die offiziellen Zahlen zur Inflation an und mutmaßte, dass der tatsächliche Anstieg der Lebenshaltungskosten mindestens doppelt so hoch sei. Erdogan warf Dincer Berichten zufolge hingegen vor, das Ausmaß der wirtschaftlichen Krise in der Türkei übertrieben dargestellt zu haben.
Die Entlassung des Chefs der Statistikbehörde werde einen weiteren Verfall des Vertrauens in die offiziellen Angaben zur Folge haben, prognostizierte der Analyst Timothy Ash von Bluebay Asset Management in London.
Die Inflation ist mittlerweile eines der wichtigsten Themen der türkischen Politik geworden. Hauptgrund für die Teuerung ist der starke Verfall der Landeswährung. Der Kurs der Lira zum Dollar hatte innerhalb eines Jahres um 45 Prozent nachgegeben. Die Türkei ist stark abhängig von Importen, vor allem von Rohstoffen und von Energie. Die neuesten statistischen Angaben zur Inflationsrate sollen am Donnerstag veröffentlicht werden.
Erdogan ernannte am Samstag außerdem einen neuen Justizminister. Der bisherige Ressortchef Abdulhamit Gül wird vom früheren Vize-Ministerpräsident Bekir Bozdag abgelöst. Gül hatte zuvor im Onlinedienst Twitter in einer knappen Erklärung seinen Rücktritt verkündet.
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