Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

"Die internationalen Lieferketten sind gestört"

Unter den globalen Lieferproblemen leiden auch deutsche Handwerksbetriebe, erklärt ZDH-Abteilungsleiter Dr. Alexander Barthel

"Lieferkettenprobleme gibt es im gesamten Handwerk. Die Gründe dafür sind vielfältig und haben oft nur indirekt mit der Corona-Pandemie zu tun. Eine Möglichkeit, mit dieser Gemengelage umzugehen, besteht darin, Preisanpassungen an den Kunden weiterzugeben", erklärt Dr. Alexander Barthel, ZDH-Abteilungsleiter Wirtschafts-, Energie- und Umweltpolitik, gegenüber Peter Neitzsch von "impulse".

"Lieferkettenprobleme gibt es im gesamten Handwerk", sagt Alexander Barthel, Abteilungsleiter beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), zuständig für Wirtschaft, Energie und Umwelt. In einer Umfrage des Verbands gaben drei von vier Unternehmen an, unter Lieferengpässen zu leiden. Die Betriebe klagen über lange Wartezeiten und die enormen Preissteigerungen. Besonders betroffen sind die Bauwirtschaft und der Metallbau, hier haben 9 von 10 Unternehmen Lieferprobleme – insbesondere die Zulieferbetriebe der Automobilindustrie.

Gestörte Lieferketten

"Die internationalen Lieferketten sind gestört", sagt Barthel. "Das bekommen auch vermeintlich regional aufgestellte Handwerksbetriebe zu spüren." Die Gründe dafür sind vielfältig und haben oft nur indirekt mit der Corona-Pandemie zu tun. Zu Beginn der Krise stornierten viele Firmen außerdem voreilig Bestellungen, die sie später dringend benötigten. "Viele haben unterschätzt, wie schnell die Konjunktur 2020 wieder angesprungen ist." In China schließt die Regierung aufgrund der Zero-Covid-Strategie immer wieder ganze Werke. Quarantäne-Regeln verzögern die Abfertigung in den Häfen. "Früher dauerte es 20 Tage, um einen ein Container erneut zu befüllen – heute sind es 40."

In den USA haben Konjunkturprogramme dafür gesorgt, dass die Amerikaner bauen und die Nachfrage nach Holz weltweit enorm gestiegen ist. Ein weiteres Beispiel ist die Chemieindustrie: "Viele Kunststoffe sind ein Beiprodukt der Kerosinproduktion", erläutert Barthel. "Seit Corona den Flugverkehr zwischenzeitlich zum Erliegen brachte, sind auch diese Kunststoffe knapp." Handelspolitische Maßnahmen – wie Strafzölle gegen Stahl oder chinesische Massenprodukte wie Schrauben – verschärfen die Krise weiter.

Preisanpassungen an Kunden weitergeben

Wie können nun einzelne Betriebe mit dieser Gemengelage umgehen? Eine Möglichkeit besteht darin, Preisanpassungen an den Kunden weiterzugeben, rät Barthel. "Gerade bei Geschäftskunden gibt es oft eine große Flexibilität, was die Anpassung von Preisen und Fristen angeht." Öffentliche Auftraggeber hätten sich dagegen bislang nur wenig flexibel gezeigt. Rund die Hälfte der Betriebe klagt über ein fehlendes Entgegenkommen in diesem Bereich.

Preisanpassungen können auch bereits im Vorfeld vertraglich vereinbart werden – durch sogenannte Preisgleitklauseln. "Das Instrument der Preisgleitklauseln wurde vor der Krise im Handwerk kaum genutzt", berichtet Barthel. Doch das habe sich seither stark verändert. "Viele Handwerker haben hier schnell dazugelernt."

Sich mit langfristigen Verträgen Konditionen zu sichern, hält Barthel dagegen für wenig hilfreich: "Preisabsicherungen gegenüber den Lieferanten sind zwar sinnvoll, aber schwer möglich", sagt der Wirtschaftsexperte. "Es wird kaum einen Lieferanten oder Großhändler geben, der Preise über einen Zeitraum von mehr als vier Wochen garantiert." Schließlich stehen auch die Lieferanten vor demselben Preisdruck und denselben Beschaffungsproblemen.

Mehr auf Vorrat kaufen

"Daneben ist es sinnvoll, die Lagerhaltung auszubauen und mehr Komponenten vorrätig zu haben, als unmittelbar benötigt werden", sagt Barthel. Auf diese Weise könne Engpässen vorgebeugt werden. Auch das Lieferanten-Netzwerk zu erweitern, sei selbstverständlich eine gute Strategie, um Lieferprobleme zu verhindern. Schließlich könnten Unternehmer auch benötigte Komponenten durch Alternativprodukte ersetzen, doch das sei oft teuer und meist eher langfristig eine Lösung.

EU-Kommission


Foto: AdobeStock/industrieblick