Hamburg - (ots) - Der Gewöhnliche Schweinswal (Phocoena phocoena) ist Kälte gewohnt. Oft als Einzelgänger, manchmal zu zweit, durchschwimmt er Nord- und Ostsee und ist hoch oben zwischen Schweden und Finnland genauso zu finden wie an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns oder vor den deutschen Nordseeinseln. Je weiter im Norden er unterwegs ist, desto eisiger ist das Wasser. Vor der Küste Finnlands hat die Ostsee jetzt im Februar um die null Grad und friert stellenweise zu. Wale müssen zum Luftholen aber immer wieder auftauchen. So zieht es die Meeressäuger im Winter an die deutschen Küsten mit ihrer Wassertemperatur von bis zu fünf Grad. Vor allem die Pommersche Bucht wird zum Wal-Winterquartier.
"Ein Wal darf nie auskühlen, sonst wird es lebensbedrohlich für ihn", sagt Lea-Carina Mendel, Biologin bei der Deutschen Wildtier Stiftung. Wale produzieren ihre Körperwärme durch ihren eigenen Stoffwechsel. Genau wie wir brauchen sie eine Körpertemperatur von etwa 37 Grad, um gesund zu bleiben. Aber anders als der Mensch besitzt der Wal den sogenannten Blubber, ein dickes, wärmeisolierendes Fettgewebe in der Unterhaut, das fast den ganzen Körper umgibt und ihn so vor einem Wärmeverlust schützt. Bei erwachsenen Schweinswalen ist diese Fettschicht zwei bis dreieinhalb Zentimeter dick, bei den Jungtieren bringt sie es auf vier bis sechs Zentimeter. Je nach Alter macht die Isolierschicht 20 bis 50 Prozent des Körpergewichtes aus. Ein gesundes Schweinswalmännchen wiegt im Schnitt 48 Kilogramm, die größeren Weibchen haben ein durchschnittliches Gewicht von 57 Kilogramm.
"Wie dick der Blubber ist, hängt von der Menge der Nahrung ab, die ein Schweinswal in Nord- und Ostsee findet", sagt Mendel. Der Bestand vieler Fischarten, die dem Tier des Jahres als Futter dienen, wird immer geringer. Rund zehn Prozent seines Körpergewichtes muss ein Schweinswal täglich in Form von Fischen, Weichtieren und Krebsen aufnehmen. Diese fettreiche Nahrung braucht er, um seine Körpertemperatur zu halten. Andererseits muss er überschüssige Wärme, die beim Schwimmen und Jagen entsteht, auch wieder loswerden. "Dafür nutzt der Wal in den nicht vom Blubber isolierten Körperteilen das Prinzip eines Wärmetauschers", sagt Mendel. Bedeutet: "Arterielles Blut strömt vom Körperinneren nach außen bis in die fettarmen Flossen hinein und gibt seine Wärme ab. Umgekehrt fließt das so erwärmte venöse Blut von außen in den Körper hinein." Damit sind die Flossen - Fluke und Flipper - eines Wals meist so kühl wie das Wasser, das sie umgibt.
Zu viele Stellnetze, die am Meeresboden fest verankert sind, machen dem Tier das Jahres 2022 das Dickwerden schwer. Der Fisch auf unseren Tellern fehlt den Fischfressern im Meer. Gleichzeitig sind die stationären Netze eine tödliche Gefahr für die Meeressäuger: "Oft verfangen sich die Wale in den Maschen und können nicht mehr an die Oberfläche schwimmen, um zu atmen - sie ertrinken", sagt Mendel. "Die Netze müssen so gestaltet werden, dass sie für die Tiere rechtzeitig wahrnehmbar sind", fordert die Artenschützerin. Derzeit gibt es verschiedene Ansätze, um Stellnetze mit optischen und akustischen Signalen auszustatten, die die Wale vor der Gefahr warnen. Die Deutsche Wildtier unterstützt entsprechende Forschungsprojekte.
Deutsche Wildtier Stiftung