Das russische Außenministerium kündigte außerdem die Einleitung eines Verfahrens ein, um die Deutsche Welle zum "ausländischen Agenten" zu erklären. Das umstrittene Ausländische-Agenten-Gesetz verpflichtet Einzelpersonen und Organisationen, die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten, ihre Publikationen speziell zu kennzeichnen. Kreml-Kritiker sehen in dem Gesetz ein politisches Instrument, um Oppositionelle und zivilgesellschaftliche Gruppen zum Schweigen zu bringen.
Es seien zudem Sanktionen vorgesehen gegen "Vertreter deutscher staatlicher und öffentlicher Strukturen, die an der Einschränkung der Ausstrahlung von RT beteiligt sind", erklärte das russische Außenministerium weiter. Es fügte hinzu, dass diese Maßnahmen einen "ersten Schritt" in Moskaus Vergeltungsmaßnahmen darstellten, und versprach eine weitere Reaktion "zu gegebener Zeit".
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte zuvor heftige Kritik an der Entscheidung der deutschen Medienaufsicht geäußert. "Dies ist nichts anderes als eine Verletzung der Meinungsfreiheit", sagte Peskow. Das Außenministerium hatte bereits am Mittwoch mit "Vergeltungsmaßnahmen" gedroht.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) nannte das Sendeverbot der Deutschen Welle und die Schließung des DW-Büros in Moskau "in keiner Weise hinnehmbar". Die Entscheidung sei offensichtlich als Gegenreaktion auf den Ausstrahlungsstopp des russischen Fernsehkanals RT DE in Deutschland gedacht.
RT DE sende zurzeit ohne Lizenz und habe keine Zulassung beantragt, dies sei "eine völlig andere Situation" als die der Deutschen Welle. Sie appelliere daher eindringlich an die russische Seite, "die lizenzrechtlichen Probleme des Senders RT nicht für eine politische Reaktion zu missbrauchen". Notwendig seien "klare Schritte der Deeskalation", erklärte Roth.
DW-Intendant Peter Limbourg nannte die Maßnahmen "in keiner Weise nachvollziehbar und eine völlige Überreaktion". Die Deutsche Welle werde "in einer Weise zum Spielball gemacht, wie es Medien nur in Autokratien erfahren müssen", sagte Limbourg weiter. Zudem kündigte er an, im Falle einer endgültigen Schließung des Standortes Moskau die Berichterstattung über Russland noch deutlich zu verstärken.
Ähnliche reagierte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV). Er forderte den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, die Entscheidung sofort wieder aufzuheben. "Es gibt keinerlei Rechtfertigung für diese drastische Zensurmaßnahme", erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. Der Schritt sei eine "billige Retourkutsche" für die Entscheidung der deutschen Medienaufsicht.
Die Gewerkschaft Verdi sprach von einem "klaren Angriff auf die Pressefreiheit". Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) müsse bei seinem Besuch in Moskau auf "eine Rücknahme dieses Sendeverbots drängen".
In Deutschland hatte die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) am Mittwoch die Verbreitung des RT-Kanals vollständig verboten - auch per Live-Stream im Internet oder per App. Sie begründete den Schritt damit, dass dem Sender die "erforderliche medienrechtliche Zulassung" fehle. Diese sei bei den deutschen Behörden nicht beantragt worden.
Die Deutsche Welle ist der Auslandssender Deutschlands. Er wurde 1953 gegründet und ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und Teil der ARD. Die Deutsche Welle bietet Programme in 30 Sprachen im Fernsehen, Radio und Internet an. Der Hauptsitz ist in Bonn.
Nach eigenen Angaben hat DW seit 2005 in Russland Sendelizenzen für ihre TV-Kanäle DW English und DW Deutsch, die noch bis 2025 beziehungsweise 2027 gültig sind. Auf dem deutschen Kanal gibt es demnach auch ein tägliches zwei- bis vierstündiges Programmfenster in russischer Sprache. Damit entspreche man den für die Lizenz notwendigen Auflagen.
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