"Scholz muss klar machen, dass Deutschland bereit ist, mehr zum Nato-Bündnis beizutragen, etwa in Litauen und bei der Ausrüstung der Bundeswehr", sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), der "Welt" (Montagsausgabe). Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte der "Welt" wiederum, Scholz "kann und muss begründen, worin der Sinn liegt, dass Deutschland keine Waffen an die Ukraine liefert". Der Kanzler "sollte nicht vermeiden, klar auszusprechen, dass eine russische Aggression das vorläufige Aus für Nord Stream 2 bedeutet".
Der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai forderte vor diesem Hintergrund gegenüber der "Welt" eine "gemeinsame und deutliche Botschaft" an den russischen Präsidenten Wladimir Putin von Scholz. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), sagte der "Welt" unterdessen: "Die wichtigste Botschaft des Bundeskanzlers wird sein: Zweifel an Deutschlands Bündnistreue und Solidarität mit der Ukraine sind völlig unbegründet."
Vor seinem Abflug hatte Scholz versucht, solche Zweifel zu zerstreuen. Deutschland habe "einiges zu bieten", sagte er in einem Interview mit der ARD. So habe Deutschland seit 2014 "die größte wirtschaftliche und finanzielle Hilfe für die Ukraine" geleistet.
In dem Zusammenhang sagte Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgabe): "Ich bin sehr dafür, dass wir dieses entwicklungspolitische Engagement fortsetzen und ausbauen." Eine "selbstbewusste und krisenfestere Gesellschaft stärkt die Ukraine langfristig am besten", betonte sie.
In den vergangenen Wochen waren im Ukraine-Konflikt Differenzen zwischen Berlin und Washington deutlich geworden. Dabei geht es unter anderem um das Ausmaß möglicher Sanktionen gegen Russland im Falle eines Angriffs auf die Ukraine, Waffenlieferungen an Kiew und um die umstrittene Erdgas-Pipeline Nord Stream 2.
Scholz bestritt in der ARD, dass die US-Regierung unzufrieden mit dem Agieren seiner Regierung in der Ukraine-Krise sei: "Das ist ein falscher Eindruck, der auch nicht in Washington vorherrschend ist."
Auch in der US-Zeitung "Washington Post" trat Scholz dem Vorwurf entgegen, die Bundesregierung sei ein unzuverlässiger Bündnispartner. "Die Realität ist wichtiger als Gerüchte", sagte der Bundeskanzler in dem auf Englisch geführten Interview. "Die Realität ist, dass Deutschland der größte Nato-Partner in Kontinentaleuropa ist, dass wir kontinuierlich unsere Streitkräfte stärken, dass wir ein sehr guter Partner sind."
Auf die Frage, ob die Bundesregierung bei einem russischen Einmarsch in die Ukraine die Pipeline Nord Stream 2 auf Eis legen würde, sagte Scholz erneut lediglich, es lägen "alle Optionen auf dem Tisch". Er wolle dies aber nicht genauer ausführen. Notwendig sei "strategische Doppeldeutigkeit", damit Russland sich nicht genau ausrechnen könne, welchen Preis es bei einem Einmarsch zahlen müsste.
Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan hatte am Sonntagmorgen im US-Sender NBC gesagt, sollte Russland die Ukraine angreifen, werde "Nord Stream 2 nicht vorangehen". "Und Russland versteht das." Nähere Angaben zu den Gesprächen über dieses Thema mit der Bundesregierung wollte Sullivan aber nicht machen. Nord Stream 2 ist bereits fertiggestellt, aber noch nicht in Betrieb gegangen.
Russland hat nach westlichen Angaben mehr als 100.000 Soldaten samt schwerem Gerät an der ukrainischen Grenze zusammengezogen. Der Westen befürchtet deshalb einen russischen Angriff auf das Nachbarland. Russland weist die Vorwürfe zurück und gibt zugleich an, sich von der Nato bedroht zu fühlen. Putin verlangt Sicherheitsgarantien vom Westen, unter anderem ein Ende der Nato-Osterweiterung.
Am Montag (19.30 Uhr MEZ) wird Scholz im Weißen Haus von US-Präsident Joe Biden empfangen. Im Anschluss an ihre Gespräche sollen Scholz und Biden eine gemeinsame Pressekonferenz geben.
fml
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