Macron begründete die entschiedene Rückkehr zur Atomkraft damit, dass auf diese Weise die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringert werde. Nur so ließe sich das Ziel der CO2-Neutralität bis 2050 erreichen. "Wir nehmen unser Schicksal mit Blick auf die künftige Energieproduktion wieder selbst in die Hand", sagte Macron.
Die Umweltorganisation Greenpeace nannte die Ankündigung "komplett unvernünftig" und verwies darauf, dass der Prototyp der EPR-Reaktoren in Flamanville noch immer nicht am Netz sei. Der Grüne Präsidentschaftskandidat Yannick Jadot warf Macron ein Wahlkampfmanöver vor und kritisierte einen "geplanten Verschleiß" in der Energieversorgung.
Um die Wartezeit bis zur Fertigstellung der neuen Reaktoren zu überbrücken, soll die Laufzeit der bestehenden Reaktoren auf "über 50 Jahre hinaus" verlängert werden, kündigte Macron an. Dies gelte für alle Reaktoren, so lange die Atomaufsicht keine Sicherheitsbedenken habe. Zuletzt hatte die Atomaufsicht einer Verlängerung der Laufzeit auf bis zu 40 Jahre unter Auflagen zugestimmt.
Parallel dazu kündigte Macron an, massiv in erneuerbare Energien zu investieren, um den wachsenden Energiebedarf schnell zu decken. "Da es 15 Jahre dauert, einen Reaktor zu bauen, müssen wir den Anteil erneuerbarer Energien erhöhen", sagte Macron. Deswegen sollten unter anderem 50 Offshore-Windparks gebaut werden. Bislang hat das küstenreiche Land noch keinen funktionierenden Windpark im Meer.
"Wir müssen ehrlich eingestehen, dass wir da spät dran sind", sagte Macron mit Blick auf die erneuerbaren Energien. Die Kapazität der Windkraftanlagen auf dem Land solle bis 2050 verdoppelt werden, fügte er hinzu. Ursprünglich hatte Frankreich eine Verdopplung der aus Windkraft gewonnenen Energie innerhalb von zehn Jahren angestrebt.
Macron zeigte Verständnis für diejenigen, die Verschandelung der Landschaften befürchteten. Künftig sollten Bürgermeister besser in die Entscheidungen über Standorte eingebunden werden, bürokratische Hürden sollten wegfallen, sagte der Präsident.
Baubeginn für die neuen Atomkraftwerke sei 2028. Der erste Reaktor könne 2035 ans Netz gehen. Dies werde "die Baustelle des Jahrhunderts", sagte Macron. Es sei davon auszugehen, dass der Energiebedarf um bis zu 60 Prozent steigen werde, sagte der Präsident und nannte unter anderem die Zunahme von Elektroautos und die Produktion von Wasserstoff.
Es sei nicht möglich, ausschließlich auf erneuerbare Energien zu setzen, da diese nicht stabil genug seien, sagte Macron. An der Finanzierung der neuen Atomkraftwerke werde der Staat sich beteiligen. Der Betreiber EDF geht von 50 Milliarden Euro für den Bau von sechs EPR-Reaktoren der nächsten Generation aus.
kol/ju
© Agence France-Presse