Berlin - (ots) - Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) setzt mit der geplanten Einführung einer Festbetragsgruppe für bestimmte Blutplasmaprodukte die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit lebenswichtigen Arzneimitteln aufs Spiel. "Die kontinuierliche Versorgung mit Blutplasmaprodukten ist bereits jetzt problematisch", sagt Dr. Kai Joachimsen, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI). "Statt weiterer Hürden, brauchen wir weniger Regulierung bei dieser speziellen Produktgruppe. Andernfalls steuern wir in einen selbstverschuldeten Versorgungsengpass."
In der Corona-Pandemie gab es einen dramatischen Einbruch an Blutplasmaspenden. Das führte zu einem Kostenanstieg der Rohstoffe bei gleichzeitig steigendem Versorgungsbedarf. Dennoch haben die Hersteller keine Chance auf eine faire Vergütung, denn sie wurden erst zum Herbst letzten Jahres einem neuen Vergütungssystem unterworfen, mit dem gleichzeitig eine erhebliche Preissenkung einherging. Seither gelten bei der Preisgestaltung weitere limitierende Faktoren wie das Preismoratorium und Herstellerrabatte. "Wenn jetzt auch noch Festbetragsgruppen hinzukommen, wächst die finanzielle Belastung innerhalb kurzer Zeit noch weiter und der Markt könnte sich ausdünnen. Dann bekommen wir ernste Probleme in der Versorgung", erklärt Joachimsen.
Die Herstellung von Blutplasmaprodukten ist hochkomplex und erfordert eine lange Produktionsvorlaufzeit. Versorgungsengpässe manifestieren sich erst nach mehreren Monaten. Für viele Patientinnen und Patienten ist dies im Alltag schon spürbar. Erste Lieferengpässe für Plasmaprodukte wie Immunglobuline wurden dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bereits gemeldet. "Es ist absehbar, dass der Mangel an Rohstoffen nicht nur zu temporären Lieferengpässen, sondern zu Beeinträchtigungen und Engpässen in der Versorgung mit Blutplasmapräparaten führen wird", warnt Joachimsen. "In dieser Situation weitere Hürden in Form von Festbeträgen aufzubauen, verbietet sich eigentlich."
"Wie schon bei Impfstoffen, gilt es stattdessen Rabattverträge abzuschaffen und eine marktgerechte Preisgestaltung zur Aufrechterhaltung internationaler Wettbewerbsfähigkeit zu ermöglichen. Außerdem sind verbesserte Rahmenbedingungen für Plasmasammelzentren nötig. Die geplanten Festbeträge für den Teilbereich der Faktor VIII-Präparate sind genau der falsche Weg."
Hintergrund: Festbeträge
Festbeträge sind ein Instrument der Preisregulierung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Es gelten für bestimmte Arzneimittelgruppen festgelegte Höchstpreise, die erstattungsfähig sind. Ist der Preis eines verschriebenen Arzneimittels höher, dann muss der Patient oder die Patientin in der Regel die Mehrkosten aus eigener Tasche übernehmen (Aufzahlung).
Festbeträge für Arzneimittel haben allerdings nicht nur Auswirkungen auf den Preis, sondern auch auf das Therapieangebot für Patientinnen und Patienten. Nämlich dann, wenn Festbeträge so niedrig sind, dass die Hersteller die Arzneimittel vom Markt nehmen müssen, weil sie diese nicht mehr zu wettbewerbsfähigen Konditionen anbieten können. Gerade bei bewährten Wirkstoffen wirken mehrere Preisregulierungsinstrumente gleichzeitig (Rabattverträge, Preismoratorium) und verstärken den Kostendruck. Um ein breites Therapieangebot bei den meist lang bewährten Wirkstoffen zu erhalten, ist es wichtig, bei Festbeträgen mit Augenmaß zu regulieren.
BPI Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie
Titelbild: Menschliches Blutplasma bildet die Basis für lebensnotwendige Arzneimittel./Bildrechte: Shutterstock/Fotograf: Pavel Kosolapov
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