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Russland muss "Weg des Krieges verlassen"

US-Außenminister Antony Blinken hat Russland bei einer Rede im UN-Sicherheitsrat eindringlich aufgerufen, nicht in die Ukraine einzumarschieren.

Russland müsse "den Weg des Krieges verlassen und einen anderen Weg einschlagen, solange dafür noch Zeit ist", sagte Blinken am Donnerstag im wichtigsten Gremium der Vereinten Nationen. Ein diplomatischer Ausweg aus der Krise sei nach wie vor möglich.

"Die russische Regierung kann heute ohne Einschränkung, ohne Ausflüchte oder Ablenkung verkünden, dass Russland nicht in die Ukraine einmarschieren wird", sagte Blinken in New York. "Und das dann unter Beweis stellen, indem sie ihre Soldaten, Panzer und Flugzeuge zurück in ihre Garnisonen und Hangars und ihre Diplomaten an den Verhandlungstisch schickt."

"Ich bin heute nicht hier, um einen Krieg zu beginnen, sondern um einen Krieg zu verhindern", betonte der Außenminister in seiner Rede. Der Satz wurde als Anspielung auf einen Auftritt des damaligen US-Außenministers Colin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat 2003 verstanden. Powell hatte damals zur Rechtfertigung für einen Einmarsch im Irak vermeintliche Belege für Massenvernichtungswaffen präsentiert, die sich später als falsch herausstellten.

Der Powell-Auftritt wird nun in der Ukraine-Krise von jenen herangezogen, die Washingtons Warnungen vor einem russischen Einmarsch in Zweifel ziehen. Blinken betonte aber, Russland habe mehr als 150.000 russische Soldaten an den Grenzen zur Ukraine zusammengezogen. Der Truppenaufmarsch sei seit Monaten klar ersichtlich. "Nicht nur wir sehen das. Verbündete und Partner sehen das gleiche."

Blinken legte in seiner Rede auch dar, wie Russland bei einem Angriff auf die Ukraine nach US-Einschätzung vorgehen würde. Moskau werde zunächst einen "Vorwand für einen Angriff" schaffen - eine Gewalttat, für die die Ukraine verantwortlich gemacht werde. Das könnte ein fingierter "terroristischer Bombenanschlag" in Russland, der Fund eines angeblichen Massengrabes in der Ukraine, ein vorgetäuschter Drohnenangriff auf Zivilisten oder "ein falscher oder sogar echter Angriff mit Chemiewaffen" sein.

"Russland könnte diesen Vorfall als ethnische Säuberung oder Völkermord beschreiben", sagte Blinken weiter. Russische Medien hätten in den vergangenen Tagen bereits damit begonnen, entsprechende Falschnachrichten zu verbreiten.

In einem zweiten Schritt würde die russische Regierung "theatralisch zu Krisentreffen" zusammenkommen und erklären, Moskau müsse "russische Bürger oder ethnische Russen in der Ukraine verteidigen", sagte Blinken. Dann werde der russische Angriff starten - mit Raketen- und Luftangriffen, Cyberattacken und dem Vormarsch russischer Soldaten und Panzer auf "Schlüsselziele, die bereits identifiziert wurden". Ziel könnte auch die ukrainische Hauptstadt Kiew sein.

Die US-Regierung hat in den vergangenen Wochen wiederholt mutmaßliche Angriffspläne Russlands öffentlich benannt, einschließlich der Schaffung eines Vorwandes für einen Einmarsch. Washington versucht damit zu verhindern, dass die russische Regierung einen solchen Plan tatsächlich umsetzt.

"Wenn Russland nicht in die Ukraine einmarschiert, dann werden wir erleichtert sein, dass Russland seinen Kurs geändert und unsere Vorhersagen widerlegt hat", sagte Blinken. "Das wäre der viel bessere Ausgang als der Kurs, auf dem wir uns derzeit befinden."

Im Zuge der diplomatischen Bemühungen schlug Blinken ein Treffen mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow vor. Das Gespräch könne kommende Woche in Europa stattfinden.

fs/mid

© Agence France-Presse