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Menschenrechte durch Lieferkettengesetz

Die EU-Kommission legt einen Entwurf für ein Lieferkettengesetz vor.

Die EU-Kommission hat Pläne für ein Gesetz vorgestellt, mit denen Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechtsstandards und Umweltschutz entlang ihrer Lieferkette verpflichtet werden. Dies könne "nicht mit freiwilligen Maßnahmen erreicht" werden, sagte EU-Justizkommissar Didier Reynders am Mittwoch im Brüssel. Der EU-weite Vorschlag sei nötig, um einen Flickenteppich verschiedener Regeln in den Mitgliedstaaten zu verhindern.

Die Pläne der EU gehen über das deutsche Sorgfaltspflichtengesetz hinaus. In der EU ist eine Schwelle von 500 Beschäftigten vorgesehen, ab der Firmen dafür sorgen sollen, dass in ihren Lieferketten keine Menschenrechte verletzt werden. Für sensible Branchen wie Textilien, Lebensmittel und Mineralien könnte unter Umständen bereits eine Grenze von 250 Mitarbeitenden gelten. In Deutschland sollen die Regeln hingegen ab 2023 zunächst für Firmen mit mindestens 3000 und ein Jahr später ab 1000 Mitarbeitenden gelten.

Die Kommission will die europäischen Unternehmen zudem dazu verpflichten, ihre gesamte Lieferkette daraufhin zu kontrollieren, ob die Zulieferer gegen Umwelt-, Klima- und Menschenrechte verstoßen. Unternehmen aus Drittländern müssen sich an die Regeln halten, wenn sie einen bestimmten Umsatz in der EU erwirtschaften. Unter bestimmten Umständen sollen europäische Firmen auch für Verstöße der Zulieferer haften. 

Auch diese Maßnahmen gehen über die deutschen Regeln hinaus. Deutschland ist allerdings verpflichtet, das nationale Recht an EU-Recht anzupassen und müsste also nachbessern, sollten EU-Staaten und Europaparlament den Plänen zustimmen.

Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sprach von einem "starken Aufschlag der EU-Kommission, der große entwicklungspolitische Fortschritte möglich macht". Wenn dieser Vorschlag Gesetz werde, "werden davon besonders Frauen profitieren, die derzeit am meisten unter Hungerlöhnen und Gewalt am Arbeitsplatz zu leiden haben".

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) warnte hingegen davor, dass kleine und mittlere Unternehmen durch das geplante EU-Lieferkettengesetz überfordert werden und ihre Produktion verlagern könnten. Die Vorgaben müssten praktikabel und auch für den Mittelstand rechtssicher handhabbar seien, mahnte er. "Denn die Gefahr einer Verlagerung ist real, wenn kleine und mittlere Unternehmen zu hohen Anforderungen ausgesetzt sind", sagte Buschmann dem "Handelsblatt".

Der Außenhandelsverband BGA kritisierte, der europäische Vorschlag schieße "deutlich über das Ziel hinaus". Insbesondere die geplante zivilrechtliche Haftung lehne der Verband "ausdrücklich ab". Ebenfalls kritisch äußerte sich der Industrieverband BDI. Der Anwendungsbereich über die gesamte Wertschöpfungskette sei "realitätsfern" - außerdem könnten Firmen nur für eigene Aktivitäten in der Lieferkette haftbar sein, nicht für diejenigen ihrer Geschäftspartner oder deren Lieferanten.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bemängelte indes, der Vorschlag der EU-Kommission bleibe beim Klimaschutz und dem Geltungsbereich weit hinter den Erwartungen zurück. Zudem solle das Gesetz nur für deutlich weniger als ein Prozent aller Unternehmen "und nur für etablierte Lieferbeziehungen gelten", monierte die DUH.

Die Organisation Transparency Deutschland kritisierte, ein entscheidendes Manko des Kommissionsvorschlags sei "das Fehlen von Korruptionsbekämpfung". Fairer Handel sei nicht möglich, wenn ein Teil der Akteure in der Lieferkette sich korrupt verhalte.

jm/cne