Faeser äußerte die Erwartung, dass sich Fluchtbewegungen von Ukrainerinnen und Ukrainern zunächst in erster Linie innerhalb des Landes abspielen würden. "Aktuell sehen wir noch keine großen Fluchtbewegungen in Nachbarländer oder in Richtung Deutschland", sagte die Ministerin. Die Bundesregierung beobachte die Lageentwicklung aber genau. Auch gebe es noch keine verlässlichen Zahlen.
Faeser wies darauf hin, dass Ukrainer nach geltender Rechtslage mit biometrischen Reisedokumenten ohne Visum in die EU und auch für bis zu 90-tägige Aufenthalte nach Deutschland einreisen können. "Wir werden besonders unser Nachbarland Polen massiv unterstützen, sollte es zu größeren Fluchtbewegungen kommen", kündigte sie an. Solche Hilfe sei Polen auch bereits angeboten, bisher aber nicht abgerufen worden.
Mit Blick auf den Status der Flüchtlinge sprach sich Faeser dafür aus, einen EU-Mechanismus zu aktivieren, der eine unbürokratische Aufnahme von Kriegsflüchtlingen auch über die 90-Tage-Frist hinaus ohne Asylverfahren ermöglicht. "Das empfehle ich", sagte sie zu der in Deutschland in Paragraf 24 des Aufenthaltsgesetzes geregelten Vorschrift. Sie habe darüber auch bereits mit Innenministerien der Bundesländer gesprochen.
Das russische Vorgehen verurteilte Faeser scharf. "Russland hat einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine entfesselt", sagte die Ministerin. Es drohe dadurch "fürchterliches Leid für die Menschen in der Ukraine". Aber auch in Deutschland seien in Absprache mit den Ländern und den zuständigen Behörden Sicherheitsvorkehrungen hochgefahren worden. Dies gelte besonders für den Schutz vor möglichen Cyberattacken.
"Wir gehen auch für deutsche Stellen von einer erhöhten Gefahr durch Cyberangriffe aus", sagte Faeser. Auch wenn darauf noch keine konkreten Hinweise vorlägen, seien etwa Einrichtungen der kritischen Infrastruktur angewiesen worden, ihre IT-Sicherheitsmaßnahmen zu erhöhen. Bereits jetzt werde auch eine Zunahme russischer Desinformations-Versuche beobachtet.
Mit Blick auf zu erwartende Flüchtlinge forderte der Städte- und Gemeindebund in Deutschland bereits ein Hilfsprogramm von Bund und Ländern. "Die Kommunen brauchen Mittel, um die Flüchtlinge unterzubringen und zu versorgen", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten".
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