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Nix ist wahrscheinlich. Gott it?!

Warum ist die Philosophie so komisch verkopft? Warum benutzen die so komische Worte? Was machen die eigentlich den ganzen Tag, wenn die philosophieren, und was kann man sich dafür kaufen?


Philosophie stellte schon immer einen Grenzfall in der Betrachtung von Wissenschaften dar. Einerseits spiegelt sie das Ur-Interesse wieder, ist quasi die Ur-Frage, das Erste „warum“. Andererseits wirft man ihrvor, sich mit gedankenlosem Denken zu verschwenden. Vielleicht ist es mal wieder an der Zeit, daran zu erinnern, welche Chancen in einer Fachrichtung stecken, deren Vertreter meist nur eines noch mehr schätzen als Literatur, die kein Mensch außer sie selbst versteht, sich selbst (was für ein Satz-Ungetüm – ja, ich gehöre wohl zum Club).

Ein großes Problem der Philosophie ist, dass auch sie, als Geisteswissenschaft, von sich selbst erwartet, empirisch beweisbar zu sein. Das führt dazu, dass man sämtliche Gedanken so darstellen muss, dass sie, handwerklich, konkret widerlegt werden können, zumindest theoretisch. Betrachtet man zudem, dass es sich bei allen „Gegenständen“ der Philosophie um Abstrakta handelt, also Mentales (präziser: Intelligibles) und nicht Materielles, wird schnell klar, auf welch kompliziertes Minenfeld der Missverständnisse man sich begibt, wenn man in die „Liebe zur Wissenschaft“ genauer eintauchen möchte.

Das sehr szientistische Vokabular präzisiert und kombiniert mit möglichst unangreifbaren Schlussfolgerungen Gedanken. Es kann daher leicht verschrecken und die Philosophie so auf ein narzistisches Image reduzieren. Diese singuläre Betrachtungsweise täuscht aber darüber hinweg, dass die Philosophie sich mit dem Wesentlichen beschäftigt: Mit dem Sein, und dem, was wohl für die meisten viel wichtiger scheint: Welcher Logik es folgt und ob diese möglicherweise vorhandene kausale Beziehung, die beispielsweise einen Tisch zum Tisch macht, auch auf Biene, Blume oder Computer übertragbar ist.

Schade ist nur, dass es ja nicht nur Materielles gibt, oder vielleicht auch besser so? Denn wenn es das nur gäbe, könnte ja potentiell jedes Möbel die Chance darauf haben, unseren Status in der Hierarchie alles Seienden streitig machen. Und weil diese Wunde so herrlich blutet, wenn man darin herumpuhlt, hat sich die Philosophie zudem auch diesem Tatsachenbestand gewidmet.

Dieses nicht Materielle, nennen die Philosophen Metaphysik. In ihr fand Kant den kategorischen Imperativ, oder besser gesagt alle Vier und Descartes das „cogito“ (oder besser das „o“ in „cogito“ denn dieses steht für das Personalpronomen „ich“ in der Phrase „cogito“ die aus dem lateinischen Infinitiv „cogitare“ (denken) und dem Deklinationsaffix „o – „cogito“ bildet, also „ich denke“).

Nachdem nun aber einige Jahrhunderte auch bei anderen Wissenschaften ins Land gingen und die Neurologie dem Aufbau des Gehirns immer weiter auf die Schliche kam und kommt, wird immer deutlicher, dass es das, was zu der Tätigkeit von Aktionspotentialwechsel zwischen Synapse/Neuron x und y sagt, es heiße beispielsweise „Adi“ und ist ein echt netter T]y]p, kein überlagertes Etwas ist, das wie ein Heiligenschein über dem Geiste zu thronen scheint, nicht gibt, sondern, dass wenn, jenes Aktionspotential eintritt, „Adi ist ein echt netter T[y]p“ für den jeweils Denkenden, zumindest geistig,

Tatsache ist. Ganz subjektiv und ganz real.

Man kann sogar so weit gehen zu sagen, dass es objektiv, auf seinen Geist gesehen, der Fall ist, dass wenn Neuron x und y ein Aktionspotentialaustausch vollziehen, im Denkenden Gehirn nur oben genannter Gedanke entstehen konnte. Basierend auf einem kohärenten Teppich aus Wahrnehmungsursachen mit der entsprechenden Bewertungskonnotation im Hinblick auf erfolgreiches Agieren im Denken, zeitlichen parallel zur stattfindenden Situation geschehenen Augenblick.

Geahnt hat das schon David Hume, der zwischen 1711 und 1776 vornehmlich auf der britischen Insel sein Unwesen trieb. Er war es, der am deutlichsten formulierte, dass unser ganzes Denken nicht mehr ist, als ein zusammengesetztes Puzzle aus Eindrücken, die je nach dem, mal mehr oder weniger gut konnotiert sind. Er beharrte dabei auf monopolistische Ursachen für jede Wirkung und jedes Sein, da bin ich anderer Meinung und denke mehr, dass die Kohärenz aus allem gemeinsam, die Wirkungen in unserer komplexen Welt bedingen und in unserem Mikrokosmos Geist.

Am Ende kann ich schließlich nur das geistig verarbeiten, was mir die Sinne dafür bereit gestellt haben. Ich kann leider nicht telefonieren wollen, wenn ich nicht weiß, was ein Telefon ist. Wer das bezweifelt sollte mal betrachten, wie Eltern ihre Kinder erziehen. Wenn das Kind nicht wissen soll was Gewalt oder

ein Messer ist. Versucht man es aus seinem Wirkungsradius zu entfernen. Dass das nicht unbedingt die beste Möglichkeit der Erziehung darstellt ist offensichtlich, sollte hier aber nur als Randbemerkung nicht vergessen werden.

Und da wir alle traditionsgemäß nicht den exakt gleichen Lebensstil und -weg frönen, ist es naheliegend, dass wir die gesamte Welt jeweils anders betrachten; und das bis ins kleinste Detail. Selbst eine Farbe ist nicht die gleiche in zwei verschiedenen Gehirnen (ich benutze dieses brachiale Wort hier absichtlich). Wenn wir folglich zwischen etwa zwei und drei Jahren, das Ich im Spiegel erkennen, bemerken wir nicht die Metaphysik, sondern nur, dass diese unique Betrachtungsweise der Welt, mit all ihren diffizilen Betrachtungsweisen, ein dazu passendes Gesicht hat, nämlich das im Spiegel, denn wir realisieren, dass auch vieles in dem Gesicht wieder spiegelt, was sich in unserem Kopf abspielt. Da befinden sich in meinem Falle blaue Augen in der Gesichtsmitte und darunter eine markante Nase, dass ich diese nicht schön finde, weil sie irgendeiner in meiner Anwesenheit mal bewertete, ist folglich ein Urteil, das sich von Gehirn über Augen zur Nase und zurück abspielt, nämlich zwischen mir und Adi – also dem Ich. Und wenn dem so ist, dann ist auch klar, dass Sartre recht hatte, wenn er sagte: Beim Menschen geht die Existenz vor Essenz, was nichts anderes heißt, als: erst die Zellen, dann der vermeintlich freie Geist.

Der ganze Aufwand des Geistes wird übrigens nur deshalb getrieben, um uns einen Vorteil beim Überleben zu sichern. Unsere Bewertungen im Kopf und das interdisziplinäre Zusammenspiel aller Eindrücke hat nämlich immer nur ein Ziel: Überleben. Und wenn wir heute noch leben, hat das was gestern passiert ist oder das, worauf ich auf Ereignisse reagiert habe, funktioniert, denn ich lebe ja noch und werde dieser Entscheidungsgewalt auch zukünftig vertrauen. Aber wo kommen dann Zufall, Schicksal, Jenseits und Gott her?

Nun, der Zufall ist im eigentlichen Sinne kein Zufall, sondern die notwendige Konsequenz verschiedenster kausaler Abfolgen. Nicht mehr und nicht weniger. Als mir folglich vor einigen Jahren in LA meine Ex-Freundin aus Hamburg begegnete, weil sie zufällig im gleichen Hostel war, war sie das wirklich. Denn viele verschiedene Gründe haben dafür gesorgt, dass bei ihr und mir viele verschiedene kausale Entwicklungen stattfanden, dass wir uns anschließend im „The Pink“ knutschend wiederfanden.

Das muss das Moment aber nicht zwangsläufig weniger besonders machen, denn immerhin scheinen wir uns so ähnlich gewesen zu sein, dass wir uns selbst am anderen Ende der Welt begegnen mussten. Wenn es Schicksal gäbe, hätte es bestimmt mit Freude diesen Job übernommen, uns zusammen zu führen, aber wozu Schicksal, wenn die Gesetze der Natur ausreichen, um Wunder zu bewirken?

Und was ist mit Gott? Hat Gott nicht wenigstens den Stein ins Rollen gebracht? Hier befinden wir uns an der Stelle des ersten unbewegten Bewegers. Also jenes X, das über eine unmotivierte Bewegung im absolut leeren Raum eine Bewegung vollführte. In der Tat, auf diese Frage hat man bis heute noch keine

konstruktive Antwort. Viele gehen aber davon aus, dass wir dieses Problem des unbewegten Bewegers wie die angeblich vorhandenen 11 Dimensionen oder mehr, um nur einige Beispiele zu nennen, nicht verstehen, weil unser Geist zu reduziert ist. Er ist eben nicht dafür gemacht, den Sinn des Seins zu ergründen, wie die Katze nicht geistig dafür geschaffen wurde, bei Husten zum Arzt zu gehen. Bei ihr akzeptieren wir die Bedingtheit, die wir uns absprechen, obwohl wir uns gewiss sind, dass wir in ein gemeinsames Netz der Entstehung eingebunden werden können.


Auf den Geist zurückkommend kann man konstatieren, dass der Geist nur in der Lage ist zu denken, was er an Eindrücken sammeln konnte. Folglich kann Gott nur eine Superversion unserer selbst sein. Also einen super Körper mit außergewöhnlichen Kräften und einem außergewöhnlichem Geist, aber eben einem, wie dem unsrigen, der unsere Moralvorstellungen teilt und unsere Logik ebenfalls logisch findet und deshalb, logo, auch anwendet.

Aber was ist, wenn Gott anders ist? Wenn Gottes Logik auf besoffen im Jenseits rumeiern und dabei versehentlich den scheinbar ersten Beweger ins Rollen brachte? Wir verstehen Gott ja theoretisch nicht, also wäre das ähnlich plausibel wie die eine Variante, in der Gott unseren Wünschen entspräche. Aber selbst das, wären nur zwei von unendlich vielen Möglichkeiten, wie Gott sein könnte und all das nur, um den ersten unbewegten Beweger in Gang zu bringen. Danach braucht er sich nie wieder zu zeigen, denn alles andere ist zumindest soweit erforscht, dass es Gott nicht zwingen bräuchte.

Ist es da nicht naheliegend, dass wir nur nicht wissen, wie der erste Unbewegte jungfräulich den Arsch bewegte, weil unser Gehirn, oder sollte ich sagen unser Horizont, nicht groß genug ist, um das zu begreifen?

Aber all das, sollte auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Gott als moralische Instanz immer ein konstruktives Mittel darstellte und lange genug vorhielt, um die Berechtigung für Moral und sozialem Miteinander aus empirisch nachweisbarem Erfolg zu einer Daseinsberechtigung verhalf, die nicht von einem Gott abhängig zu sein hat.

P.S. Ich habe versucht auf Fachvokabular zu verzichten, was, wie man am Text feststellt, nicht einfach ist. Die Philosophie ist eben die Liebe zum Wissen. Und für Liebe hat jeder seine eigenen richtigen Worte. Und die Philosophie eben auch.

Legende:

Kohärent (frei übersetzt: Tiefenstruktur)

szientistisch: ausschließlich wissenschaftlich betrachtend

Aktionspotential: mikroelektrische Entladung zwischen zwei Neuronen (Gehirnzellen) im Gehirn, die geistige Prozesse darstellen - quasi denken

Adi: ein echt netter Typ


Foto: Muenstermann