Die Expertin verwies darauf, dass sich 20 Prozent der Haushalte gar kein Auto leisten können. Besser wäre daher ein "einkommensunabhängiges Mobilitätsgeld oder eine Pro-Kopf-Klimaprämie", bei der die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an alle Haushalte rückerstattet werden. Davon könnten insbesondere Menschen mit niedrigen Einkommen profitieren. Zudem diene jede vierte Autofahrt der Freizeit - hier gelte es, Alternativen zu finden.
Lindner hatte am Montag vor dem Hintergrund explodierender Preise an den Zapfsäulen einen "Krisenrabatt" direkt an der Tankstelle vorgeschlagen. Dieser könne drei Monate befristet ausgezahlt werden, was mehr als sechs Milliarden Euro kosten würde. Tankstellenketten könnten auf der Basis der Gesamtmenge des verkauften Sprits die Erstattung beim Staat beantragen, schlug er vor.
Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband wies das zurück. "Für die Höhe staatlicher Unterstützung sollte die Bedürftigkeit, nicht der Hubraum entscheidend sein, den sich jemand leisten kann", sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Dienstag. Er warnte vor einkommensunabhängigen "Geldgeschenken nur an Autofahrer" und forderte gezielte höhere Energiezuschüsse für einkommensarme Haushalte.
Der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, sprach von einer "milliardenschweren Subvention", für die er keine Rechtsgrundlage sehe. Er gab im "Handelsblatt" zudem zu bedenken, dass dadurch eine "riesige Rückzahlungsbürokratie" entstünde, deren Aufbau viele Monate kosten würde. In den Behörden fehle dafür das Personal. Vor einem "Bürokratiemonster" warnte auch die CDU-Wirtschaftsexpertin Julia Klöckner.
Der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands freier Tankstellen, Duraid El Obeid, warnte gar vor einem "Todesstoß für viele kleinere und mittlere Tankstellenunternehmen". Er sagte dem "Handelsblatt", Tankstellenbetreiber müssten bis zur Erstattung durch den Fiskus in Vorleistung gehen. Vor allem für die zahlreichen Einzeltankstellen sei das "absolut nicht zu leisten".
Schon am Montag hatten die Grünen Lindners Vorstoß kritisiert, auch der Koalitionspartner SPD äußerte sich nun kritisch. Fraktionsvize Detlef Müller sagte den Funke Zeitungen, es sei klar gewesen, dass die Wirtschaftssanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs "auch bei uns Belastungen mit sich bringen würden". "Aber gerade in der Situation können starke Schultern mehr tragen als schwache, daher müssen bei allen Hilfen die unteren und mittleren Einkommen im Fokus stehen." Das vermisse er beim Tankrabatt.
Lindners Chefvolkswirt und Berater Lars Feld sprang dem Finanzminister hingegen zur Seite: "Wenn Nichtstun keine Option ist, bleiben nur ordnungspolitisch unschöne Lösungen", sagte Feld dem "Handelsblatt". Anders als eine Senkung der Mehrwert- oder Energiesteuer könne ein solcher Rabatt schnell eingeführt und schnell auch wieder gestoppt werden.
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