Die "neue Mauer inmitten von Europa" trenne die Freiheit von der Unfreiheit, sagte der per Videokonferenz zugeschaltete Selenskyj. An Scholz gerichtet sagte er: "Geben Sie Deutschland die Führungsrolle, die Deutschland verdient, damit Ihre Nachfahren stolz sind auf Sie."
Jedes Jahr bekräftigten deutsche Politikerinnen und Politiker ihre historische Verantwortung auch gegenüber der Ukraine, sagte Selenskyj. Nun gelte es, der Ukraine zu helfen, damit "nicht etwas passiert, wofür man wieder so eine lange Aufarbeitung braucht".
"Jedes Jahr wiederholen Politikerinnen und Politiker die Worte 'Nie wieder'. Jetzt sehen wir, dass diese Worte nichts wert sind", kritisierte Selenskyj. Städte wie Charkiw und Tschernihiw, die bereits im Zweiten Weltkrieg verheerende Zerstörung erlebt hätten, würden nun aufs Neue zerstört. "In Europa wird ein Volk vernichtet."
Die Ukrainerinnen und Ukrainer verteidigten jedoch nicht nur ihr eigenes Land, sondern auch "die Werte, von denen in Europa so viel gesprochen wird", betonte Selenskyj. Er erneuerte seine Forderung insbesondere nach der Schaffung einer Flugverbotszone in seinem Land. Humanitäre Konvois erreichten die hunderttausenden in der belagerten Stadt Mariupol eingekesselten Menschen nicht.
Deutschland forderte er auf, sich der Luftbrücke zu entsinnen, die die westlichen Alliierten während der Berliner Blockade Ende der 40er Jahre eingerichtet hatten. "Wir können keine Luftbrücke bauen, denn von unserem Himmel fallen nur russische Bomben", sagte Selenskyj. "Die russischen Truppen unterscheiden nicht zwischen zivilen und militärischen Objekten". Für Russland sei "alles eine Zielscheibe".
isd/pe
© Agence France-Presse