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Münster bekennt Farbe, aber welche?

Tausende demonstrieren gegen den Neujahrsempfang 2020 der AfD im Historischen Rathaus Münster. Ein Lagebericht


Nachdem der AfD-Kreisverband Münster zusammen mit dem Landesverband NRW in den Rathausfestsaal einlud, leuchteten bei der weltoffenen Stadt Münster sämtliche Alarmglocken. Daher waren sowohl die Polizei als auch Demonstranten vorprogrammiert. Nicht zuletzt weil die AfD, allen voran ihr Sprecher des Kreisverbands Martin Schiller, Jörg Meuten, den Parteisprecher, als Ehrengast willkommen hieß. Eine Bühne diente indes den Demonstranten als Platform gegen die AfD-Funktionäre zu wettern. 


Gerade nach dem Wahl-Debakel und Rechtsruck in Thüringen bekam die Veranstaltung eine neue Brisanz, generell jedoch hat die AfD es in Münster bekanntermaßen schwer. Dies ließ auch das Blog „Keinen Meter für Nazis“ verlauten, welches zu der Demonstration aufrief. Ebenso tat dies die Initiative Südviertel, indem ja schließlich die AfD ihr Büro hat.


Eines ist klar: die AfD hat es in Münster wahrlich schwer, sowohl stimmtechnisch als auch räumlich, denn sie kann sich, anders als in anderen Region Deutschlands, aufgrund des backlashes kaum zeigen. Die Europaflaggen, welche die Stadt Münster hissen ließ, signalisierten die Offenheit Münsters. 

Das russische Newsportal Ruptly, finanziert vom Kreml, streamte indes wie die letzten Jahre das Event auf Youtube. Kommentare waren diesmal deaktiviert, die Live-Zuschauerzahl belief sich auf ungefähr 100. In der Regel ist der Chat hier toxisch und pro-AfD.

Münster hat keinen Platz für die AfD, doch hat es auch Toleranz und Verständnis für Wähler im Osten oder im Ruhrgebiet? Indiskutabel ist, dass die AfD rechstradikale Flügel hat, ihre Wähler sollte man aber nicht gleich alle als Nazis abstempeln, denn dieses Essenzialisieren fördert das Missverstehen. Wir leiden alle unter dem Kapitalismus. Die AfD ist gerade in wirtschaftlich schwachen und bildungsfernen Städten stark, hier haben die Menschen Probleme, die in Münster vielen unbekannt sein dürften.   


Die Plakate sagen es uns ja deutlich, wie wenig strukturelle Verständnisse man für den Zuwachs der AfD hat. Mangelnde Bildung und kognitive Fähigkeiten, sowie Emotionen werden als Gründe aufgeführt. So etwas kann nur von der Bourgeoisie kommen. Bildungslücken (und IQ-Punkte) sollten doch keine Beleidigungen sein für Menschen, die kein Vertrauen mehr in die Politik haben. Nennen Sie mir mal einen Menschen, der den Parteien, dem System vertraut? Wäre nicht dieser eher etwas suspekt? 

Bildungslücken gilt es zu füllen, nicht diejenigen, die sie haben zu Verurteilen. Menschen können sich ändern. Liebe als politische Antwort kann nur jemand haben, der sich nicht um Wohnraum, Gehalt, um seinen Beruf Sorgen machen muss. Was für einen Luxus Münster doch hat. 

Bei mir in der Nachbarschaft, eine reiche Siedlung, gibt es immer wieder kleine Impuls-Aktionen gegen die AfD oder Fremdenfeindlichkeit mit Sprüchen à la "Bunt statt Braun". In dieser Straße wohnt kein einziger Muslim, kein einziges schwules Paar, sondern nur reiche, mehrköpfige "deutsche" Familien. Das soll bunt sein? Diese Menschen kennen doch gar nicht die Probleme aus dem Problemvierteln dieses Landes, wo die AfD so stark ist. Mit einem 4k Fernseher und einem Porsche, mit Frühstückseiern vom Bio-Bauern, warmen Brötchen und Kobe-Rind auf dem Teller lässt es sich so leicht von Liebe und Toleranz reden. 

Wann reichen wir also denen, die sich abgehängt fühlen, die Hand, anstatt sie verhungern zu lassen? Momentan werden sie nämlich von den stetig wachsenden rechten Zirkeln gefüttert, ja vergiftet.  

Wir brauchen mehr soziale und finanzielle Sicherheit für alle Menschen, die in unserem Land leben und müssen gleichzeitig die weltweiten Probleme, die der europäisch/amerikanische Imperialismus verursacht hat, beheben. Letzteres wird gerne als "Fluchtursachen" beschrieben. 

So sage ich also völlig ohne Häme: "Refugees und AfD-Wähler welcome!" Die AfD soll sich allerdings zum Teufel scheren. 

   

Foto: Webcam Stadt Münster/ kati