Nawalny muss die Strafe unter strengen Haftbedingungen in einer Strafkolonie absitzen, wie die Richterin Margarita Kotowa entschied. Unklar war zunächst, ob die neun Jahre noch zu der zweieinhalbjährigen Haftstrafe hinzukommen, die Nawalny bereits verbüßt.
Nawalny sitzt in Pokrow eine zweieinhalbjährige Haftstrafe wegen Betrugs ab, zu der er vor gut einem Jahr verurteilt worden war. Die Staatsanwaltschaft hatte in dem neuen Verfahren wegen Veruntreuung und Missachtung des Gerichts insgesamt 13 Jahre Haft für Nawalny gefordert.
Der Anklagepunkt der Veruntreuung bezieht sich auf Vorwürfe, wonach Nawalny an seine politischen Organisationen gezahlte Spendengelder in Höhe von mehreren Millionen Euro für persönliche Zwecke genutzt haben soll. Der zweite Vorwurf bezieht sich auf ein früheres Verfahren. Nawalny habe "das Gericht missachtet, indem er eine Richterin beschimpfte", sagte Kotowa.
Nawalny und seine Anwälte weisen die Vorwürfe zurück und sprechen von "politischer Verfolgung". Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International verurteilten den Prozess als Farce.
Auf Nawalny war im August 2020 in Russland ein Anschlag mit einem Nervengift aus sowjetischer Produktion verübt worden, den er nur knapp überlebte. Nach mehrmonatiger medizinischer Behandlung in Deutschland kehrte er im Januar vergangenen Jahres nach Russland zurück, wo er umgehend festgenommen wurde. Der Kreml-Kritiker macht den russischen Präsidenten Wladimir Putin für seine Vergiftung verantwortlich. Moskau weist die Vorwürfe zurück.
Seit seiner Inhaftierung gehen die russischen Behörden massiv gegen Nawalnys Unterstützer vor. Seine Regionalorganisation sowie seine Anti-Korruptionsstiftung wurden verboten. Nawalny selbst sowie einige seiner Mitstreiter wurden im Januar auf eine offizielle Liste von "Terroristen und Extremisten" gesetzt.
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