Minister Reul: „An dieser Stelle ist Nordrhein-Westfalen einmal mehr bundesweiter Vorreiter. Wir schaffen hier eine enorme Erleichterung – für die Polizei und für die Bürgerinnen und Bürger: eine Win-Win-Situation. Die Online-Vernehmung vereinfacht Verfahren um ein Vielfaches und sorgt für eine flexible Polizeiarbeit.“
Bislang müssen Zeugen oder Geschädigte persönlich im Kriminalkommissariat erscheinen, um ihre Aussagen aufzugeben. Dies wird häufig zum Problem, da der Wohnort der Beteiligten nicht selten vom Tatort abweicht. In diesen Fällen übernimmt die wohnortsansässige Dienststelle die Vernehmung. Die Sachbearbeitung durch mehrere Ermittlerinnen und Ermittler kann zu längeren Verzögerungen führen. Auch die persönliche Vernehmung von Deutschen, die im Ausland leben, wurde durch bürokratische Verfahren erschwert. Die Online-Vernehmung erspart künftig eine weite Anreise, bürokratische Verfahren und die Bearbeitung durch unterschiedliche Dienststellen.
Seit Juli 2021 wird die Online-Vernehmung im Düsseldorfer Polizeipräsidium erprobt – und zwar nicht als Test, sondern innerhalb echter Strafverfahren. Nach Abschluss der Pilotierungsphase wird nun ein landesweites Umsetzungskonzept erarbeitet. „Die Beteiligten waren von der effizienten und flexiblen Ermittlungsarbeit überrascht. Neben der gesteigerten Bereitschaft zur Teilnahme an polizeilichen Ermittlungsverfahren und den erheblichen Zeit- und Kostenersparnissen gestaltet die Online-Vernehmung auch den kriminalpolizeilichen Beruf attraktiver. Die zeit- und ortsunabhängige Vernehmungsform fördert künftig auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sowie das Arbeiten aus dem Home-Office“, sagte Innenminister Reul bei der Vorstellung der Online-Vernehmung. Und weiter: „Es ist mir eine Herzensangelegenheit, den Beruf der Kriminalbeamtinnen und -beamten attraktiver zu gestalten. Die Ergebnisse aus dem Polizeipräsidium Düsseldorf zeigen einmal mehr, dass dieNRW-Polizei mit der Zeit geht und sich nicht nur für den Bürokratieabbau, sondern auch für das Berufs- und Familienleben einsetzt“, betont Reul.
Die Onlinevernehmung kommt bei leichter bis mittelschwerer Kriminalität wie etwa bei leichten Körperverletzungen oder Beleidigungen zum Einsatz. Bei schwersten Kriminalfällen wie Mord oder Sexualdelikten ist nach wie vor ein persönliches Erscheinen erforderlich. Auch besonders sensible oder deliktisch herausragende Sachverhalte sowie Verfahren, die besondere Anforderungen an den Opferschutz stellen, werden nicht online durchgeführt.
Und so funktioniert die Online-Vernehmung:
* Nach einer Einschätzung des Sachverhaltes wird der Bürgerin oder dem Bürger eine Online-Vernehmung angeboten
* Wenn Interesse an dem Angebot besteht und die technischen Voraussetzungen vorhanden sind, wird durch das zuständige Kriminalkommissariat zu einer Videokonferenz eingeladen
* Der Teilnehmerkreis kann beispielsweise durch Rechtsbeistände, Dolmetscher oder Betreuer der eingeladenen Personen erweitert werden
* Nach dem Beitritt zur Videokonferenz müssen alle Beteiligten durch die Sachbearbeiterin oder den Sachbearbeiter aus einem Warteraum heraus zur eigentlichen Konferenz zugelassen werden
* Zu Beginn der Vernehmung wird die Identität der Bürgerin oder des Bürgers festgestellt und protokolliert
* Neben der schriftlichen Protokollierung besteht die Möglichkeit zur digitalen Aufzeichnung der Vernehmung
* Durch die digitale Bildschirmübertragung können während der Vernehmung mögliche Beweismittel eingeblendet und gezeigt werden
* Am Ende wird, wie bei der persönlichen Zusammenkunft auch, das Protokoll verlesen, korrigiert und durch die Bürgerin oder den Bürger bestätigt
Die Online-Vernehmung ist Teil der Initiative‚ Pro K‘, die Innenminister Herbert Reul dieses Jahr ins Leben gerufen hat. Unter Leitung des Landeskriminaldirektors Johannes Hermanns entwickelt eine landesweite Arbeitsgruppe Ideen und Maßnahmen, um die Kriminalpolizei modern, attraktiv und zukunftsfähig aufzustellen.
Ministerium des Innern Nordrhein-Westfalen