Le Pens Anwalt wies die Anschuldigungen zurück. Es handele sich um eine "Instrumentalisierung" so kurz vor der Stichwahl, sagte Rodolphe Bosselut der Nachrichtenagentur AFP. Bei Teilen des Berichts handele es sich um "mehr als zehn Jahre alte Fakten". Marine Le Pen sei "von keiner französischen Justizbehörde vorgeladen" worden, fügte er hinzu. Weder er noch seine Mandantin hätten den Abschlussbericht der 2016 eingeleiteten Untersuchung erhalten. Marine Le Pen sei im März 2021 schriftlich befragt worden.
"Mediapart" veröffentlichte Auszüge aus dem neuen Olaf-Bericht über Ausgaben von Fraktionen im Europaparlament im Rahmen der Mandate ihrer Mitglieder. Demnach sollen Le Pen und andere die Gelder für nationale politische Zwecke, persönliche Ausgaben oder für Dienstleistungen von ihrer Partei oder Fraktion nahestehenden Unternehmen verwendet haben.
So sollen Marine Le Pen, ihr Vater Jean-Marie Le Pen, ihr Ex-Partner Louis Aliot und der ehemalige rechtsextreme Europaabgeordnete Bruno Gollnisch rund 600.000 Euro veruntreut haben, die sie zurückzahlen sollten. Dem Bericht zufolge veruntreute Le Pen persönlich in ihrer Zeit als Straßburger Abgeordnete zwischen 2004 und 2017 öffentliche Gelder in Höhe von rund 137.000 Euro.
Die Pariser Staatsanwaltschaft bestätigte der Nachrichtenagentur AFP, dass sie den Bericht am 11. März erhalten habe und ihn derzeit prüfe. Seit Juni 2017 wird gegen Marine Le Pen auch wegen des Verdachts ermittelt, Parteimitgliedern eine Scheinbeschäftigung als Assistenten im Europäischen Parlament verschafft zu haben. Ihr wird im Rahmen der gerichtlichen Ermittlungen "Veruntreuung öffentlicher Gelder" und "Komplizenschaft" vorgeworfen.
Marine Le Pen ist nicht die einzige Politikerin der ehemaligen Partei Front National (FN), die inzwischen "Rassemblement National" (Nationale Sammlungsbewegung) heißt, denen das EU-Parlament Scheinbeschäftigungsverhältnisse vorwirft. Unter anderem ihr Vater und Gollnisch sollen ebenso vorgegangen sein.
lan
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