"Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges breiten sich weit und breit aus - wie Erdbebenwellen, die vom Epizentrum eines Erdbebens ausgehen", erklärte IWF-Chefsvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas. "Die Krise entfaltet sich, während die Weltwirtschaft sich auf dem Weg der Erholung befand, aber noch nicht vollständig von der Covid-19-Pandemie erholt hatte."
Besonders verheerend sind die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges für die Ukraine und Russland. Die ukrainische Wirtschaft dürfte der Prognose zufolge in diesem Jahr um 35 Prozent schrumpfen. Das Bruttoinlandsprodukt Russlands dürfte um 8,5 Prozent zurückgehen. Das liegt auch an den harten Sanktionen, die der Westen gegen Russland verhängt hat.
Der Krieg trifft aber auch führende Industrienationen. Für Deutschland erwartet der IWF in diesem Jahr nur noch ein Wachstum von 2,1 Prozent, das sind 1,7 Prozentpunkte weniger als bei der vorangegangenen Prognose. Für den gesamten Euroraum senkte der IWF seine Prognose um 1,1 Punkte auf 2,8 Prozent, für die USA um 0,3 Punkte auf 3,7 Prozent.
Der IWF rechnet wegen des Ukraine-Kriegs auch mit einer höheren und länger andauernden Inflation. Der Anstieg der Verbraucherpreise dürfte in diesem Jahr in den Industrienationen 5,7 Prozent erreichen und in den Entwicklungs- und Schwellenländern 8,7 Prozent.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bezeichnete die neuen Prognosen als "weiteres Warnsignal, dass es ökonomisch kein einfaches Weiter so gibt". Weniger Wachstum in Verbindung mit steigender Inflation sei "eine gefährliche Kombination". International müsse es nun darum gehen, eine "drohende Stagflation" zu verhindern - einen Stillstand des Wirtschaftswachstums bei gleichzeitiger Inflation, mahnte Lindner.
Der IWF-Weltwirtschaftsausblick wurde am Rande der laufenden Frühjahrestagungen von IWF und Weltbank in Washington veröffentlicht. Diese stehen in diesem Jahr im Zeichen des Ukraine-Kriegs. Am Mittwoch werden im Rahmen der Tagungen die Finanzminister der G20-Staaten beraten.
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