Diese Entwicklung trete zunehmend bei den Protesten gegen die Corona-Schutzmaßnahmen zutage, aber auch bei Kundgebungen zum Nahost-Konflikt. Aktuell sei sie auch vereinzelt im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zu beobachten.
"Die Zahl antisemitischer Straftaten steigt weiter kontinuierlich an, und das ist nur die Spitze des Eisbergs", betonte Haldenwang. Wesentlich größer sei das Dunkelfeld - also jene Vorfälle, die aus verschiedenen Gründen gar nicht erst angezeigt werden.
"Das Internet dient als Nährboden und stellt einen wesentlichen Dynamisierungsfaktor im aktuellen Antisemitismus dar", fügte Haldenwang hinzu. Es sei gemeinsame Aufgabe der Sicherheitsbehörden und der Zivilgesellschaft, jeder Form von Antisemitismus entschieden entgegenzutreten.
In der Corona-Pandemie sind nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes neue Formen des Antisemitismus entstanden. In dem Lagebild ist von einem "codierten Antisemitismus die Rede, der die Pandemie in eine verschwörungsideologische Argumentation einbettet".
Dabei gehe es darum, "dass eine geheime, weltkontrollierende Macht die Pandemie als Instrument zur Umsetzung ihres Plans einer 'Neuen Weltordnung' nutzt". Bekannt dafür sei etwa der so genannte QAnon-Verschwörungskomplex, der in Teilen einen dezidiert antisemitischen Kern beinhalte.
Zum anderen werden nach Angaben des Verfassungsschutzes "antisemitische Narrative" aufgegriffen, indem die nationalsozialistische Verfolgung der Juden sowie der Holocaust mit den staatlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung gleichgesetzt und damit verharmlost werden. Das Bundesamt verwies dabei auf den gelben Stern mit der Aufschrift "Ungeimpft" oder "Covid 19"
Das Lagebild Antisemitismus wurde erstmals im Juli 2020 vorgestellt. Die damalige Bewertung, dass der Antisemitismus in allen extremistischen Phänomenbereichen anzutreffen ist, behalte seine Gültigkeit, hieß es in der Erklärung weiter. Die größte Relevanz habe der Antisemitismus weiterhin im Rechtsextremismus, wo er zu den ideologischen Eckpunkten zähle.
jp/pw
© Agence France-Presse