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Weitere Leichen nahe Butscha entdeckt

Die in einer Grube im Dorf Myrozke gefundenen Männern seien durch Kopfschuss getötet worden ...

Einen Monat nach dem Abzug russischer Soldaten aus dem Großraum Kiew hat die Ukraine den Fund dreier weiterer Leichen mit gefesselten Händen und Folterspuren nahe Butscha gemeldet. Die in einer Grube im Dorf Myrozke gefundenen Männern seien durch Kopfschuss getötet worden, sagte der Polizeichef der ukrainischen Hauptstadt, Andrij Nebytow, am Samstag. Im Osten und Süden der Ukraine gingen die heftigen Kämpfe weiter.

Die Augen der drei nahe Butscha gefundenen Toten waren laut Nebytow verbunden, auch seien mehrere von ihnen geknebelt gewesen. Die Leichen trugen nach Angaben des Polizeichefs die Spuren von langer Folter und Schusswunden an mehreren Körperteilen. 

Butscha ist zum Synonym für mutmaßliche Kriegsverbrechen der russischen Streitkräfte in der Ukraine geworden. Der Vorort stand rund vier Wochen lang unter Kontrolle russischer Truppen. Nach ihrem Abzug Ende März wurden nach Polizeiangaben in Butscha und Umgebung etwa 400 Leichen entdeckt.

Die Leichenfunde sind Gegenstand internationaler Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen. Moskau bestreitet jegliche Verantwortung für die Tötungen.

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine am 24. Februar wurden bereits tausende Menschen getötet, Millionen mussten fliehen. Zuletzt verstärkte Russland die Angriffe vor allem im Osten und Süden der Ukraine. Am Samstag traf eine russische Rakete den Flughafen von Odessa. Die Landebahn sei dabei zerstört worden, Opfer gebe es nicht, erklärte der Gouverneur Maxym Martschenko.

In der Nacht waren bei heftigen Bombardements in Charkiw nach ukrainischen Angaben mindestens ein Mensch getötet und zwölf weitere verletzt worden. "Die Lage in Charkiw ist schwierig", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. "Aber unser Militär und unser Geheimdienst haben wichtige taktische Erfolge erzielt." 

Nach Angaben von Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk wurden im Rahmen eines Gefangenenaustausches mit Russland 14 Ukrainer freigelassen, darunter eine schwangere Soldatin und sieben Zivilisten. Wie viele russische Soldaten im Gegenzug freigelassen wurden, sagte sie nicht.

Die ukrainischen Streitkräfte eroberten nach eigenen Angaben nördlich von Charkiw das "strategisch wichtige" Dorf Ruska Losowa zurück. Dem Verteidigungsministerium in Kiew zufolge brachten die Soldaten mehr als 600 Einwohner in Sicherheit.

Die aus Ruska Losowa geflohene Natalia sprach von "zwei Monaten schrecklicher Angst". "Wir waren zwei Monate lang in den Kellern ohne Essen", sagte der 40-jährige Swjatoslaw der Nachrichtenagentur AFP. Olexandr Skatschko aus der nahe gelegenen Ortschaft Slatyne, die ebenfalls von ukrainischen Truppen zurückerobert wurde, berichtete, dass 15 Menschen aus seinem Dorf getötet worden seien.

Trotz einiger Geländegewinne im Donbass liegt die russische Offensive in der Ostukraine nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums "hinter dem Zeitplan" zurück. Auch ein ranghoher Nato-Vertreter sprach von lediglich "kleinen" Fortschritten der Russen in der Region. 

Der russische Außenminister Sergej Lawrow machte den Westen für die anhaltenden Kämpfe verantwortlich. "Wenn USA und Nato wirklich an einer Lösung der Ukraine-Krise interessiert sind, dann sollten sie zuallererst aufwachen und aufhören, das Kiewer Regime mit Waffen und Munition zu beliefern", sagte er der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua.

Washington ist der wichtigste Unterstützer des ukrainischen Militärs. Die USA haben in großem Umfang schwere Waffen an die Ukraine geliefert. Zusätzliche militärische und humanitäre Hilfen sagte der Ukraine am Samstag auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zu. Paris versorgt Kiew unter anderem mit Caesar-Haubitzen. 

Wie die US-Regierung mitteilte, ist inzwischen auch die Ausbildung ukrainischer Soldaten durch das US-Militär in Deutschland angelaufen. Bei dem Training gehe es unter anderem um die Bedienung von Haubitzen und Radarsystemen, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby am Freitag in Washington. Die Ausbildung erfolge in Abstimmung mit Deutschland. 

isd/gt


Joshua MELVIN / © Agence France-Presse