Bei Schusswaffenangriffen sind am Mittwochabend im hessischen Hanau bei Frankfurt am Main neun Menschen getötet worden. Den mutmaßlichen Täter fanden Spezialkräfte der Polizei nach stundenlangem Großeinsatz in der Nacht zu Donnerstag tot neben einer weiteren Leiche in einer Wohnung, erklärten die Beamten in Offenbach. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe zog die Ermittlungen an sich - es gebe "Anhaltspunkten für eine fremdenfeindliche Motivation".
Die genauen Hintergründe des Verbrechens waren zunächst noch unklar. Die Polizei fand ein Bekennerschreiben und ein Video, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Ermittlungskreisen erfuhr. Medienberichten zufolge soll der Verdächtige indem Bekennerschreiben "wirre" und teils rechtsradikale Ansichten geäußert haben.
Die Bundesanwaltschaft erklärte am Donnerstagmorgen, sie habe die Ermittlungen aufgrund der "besonderen Bedeutung des Falls" übernommen. Weitere Details nannte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde zunächst nicht.
Die Bluttat, die sich an zwei unterschiedlichen Orten in Hanau ereignete und laut Medienberichten auf zwei Shisha-Bars zielte, löste international Entsetzen aus. Bundesregierung und EU-Spitze reagierten erschüttert. "Die Gedanken sind heute morgen bei den Menschen in Hanau, in deren Mitte ein entsetzliches Verbrechen begangen wurde", schrieb Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstag im Kurzbotschaftendienst Twitter.
EU-Ratspräsident Charles Michel sprach auf Twitter von einer "Tragödie" und beklagte einen "sinnlosen Verlust von Menschenleben". Die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken und weitere führende Politiker der Sozialdemokraten sprachen von rechtem Terror. "Viel zu lange haben wir uns davor gescheut, es mit klaren Worten zu benennen: Rechter Terror in Deutschland", kritisierte Esken.
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak schrieb auf Twitter von einem "furchtbaren Verbrechen". Er sei "fassungslos und traurig". Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sprach von "schrecklichen Ereignissen" und einer "grausamen Nacht".
Die Polizei hatte nach den Vorfällen am Mittwochabend eine Großfahndung eingeleitet. Durch die Schüsse wurden nach neuen Angaben der Polizei insgesamt mindestens neun Menschen getötet. Zudem seien weitere Menschen verletzt worden.
Zuvor hatte die Polizei die Zahl der Toten an den zwei Tatorten vom Mittwochabend mit acht angegeben. Einer der verletzten Menschen verstarb inzwischen, wie ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur AFP sagte. Mit den beiden später in der Hanauer Wohnung gefundenen Leichen stieg die Zahl der Toten insgesamt auf elf.
Bei einem der Toten in der Wohnung "dürfte es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um den Täter handeln", teilten die Ermittler am frühen Donnerstagmorgen mit. Demnach handelte es sich bei der Anschrift um die Adresse des Verdächtigen, die von Spezialkräften gestürmt wurde. Dabei stießen die Beamten noch auf eine weitere Leiche. Hinweise auf mögliche weitere Täter gebe es derzeit nicht, hieß es.
Die Ermittlungen zur Identität der Opfer und zu dem mutmaßlichen Täter dauerten noch an, erklärten die Ermittler in Offenbach weiter. Sie richteten einen Medienserver ein, über den Zeugen Handyvideos oder Fotos des Geschehens hochladen können.
bro/cne
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