Angesichts der Verschärfung globaler Versorgungskrisen durch Faktoren wie den Ukraine-Krieg und den Klimawandel haben die G7-Außenminister eine grundlegende Neuausrichtung der humanitären Hilfe angekündigt. Der Bedarf an humanitärer Hilfe sei auf einem "Rekordhoch", erklärten die Außenminister der sieben führenden Industriestaaten am Freitag bei ihrem Treffen im schleswig-holsteinischen Wangels. Daher sei ein "Paradigmenwechsel hin zu effizienterer, effektiverer und stärker vorausschauender humanitärer Hilfe" notwendig.
Krisen und Konflikte sowie die Auswirkungen des Klimawandels und Naturkatastrophen bedrohten weltweit immer mehr Menschen, hoben Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und ihre Kollegen aus Frankreich, Italien, Großbritannien, den USA, Kanada und Japan in ihrer gemeinsamen Erklärung hervor. Diese Entwicklung werde verschärft durch die Corona-Pandemie und "Russlands ungerechtfertigten, grundlosen und widerrechtlichen Angriffskrieg gegen die Ukraine".
Der Ukraine-Krieg erhöht aus Sicht der G7 unter anderem das Risiko weltweiter Hungersnöte. Daher sei es "zwingend erforderlich, die Grundlage für den Beschluss und die Ausweitung eines vorgreifenden Mechanismus zu legen, um frühe Maßnahmen zu erleichtern und das Schlimmste zu verhindern". Dies erfordere "vorab vereinbarte Planungen", die die beteiligten Partner und Maßnahmen, Regelungen zu deren Finanzierung sowie das Sammeln verlässlicher Frühwarninformationen beinhalteten.
Mit der nun angekündigten Ausweitung von Hilfsmaßnahmen bereits vor dem Eintreten von Krisen wollen die G7-Staaten nach eigenen Angaben etwas tun, "bevor Leben und Existenzen verloren" seien. Als "führende Geber des humanitären Systems" strebten die G7-Staaten daher an, "unsere finanzielle Unterstützung für vorgreifende Aktionsprogramme deutlich zu erhöhen", erklärten die Außenminister.
Sie hoben hervor, dass die zunehmenden Folgen des Klimawandels Länder, die unter Konflikten oder anderen Krisen litten, besonders hart träfen. In einer eigenen "Erklärung zu Klima, Umwelt, Frieden und Sicherheit" bekannten sich die G7-Staaten zur Zielvorgabe des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, und dazu bis Mitte dieses Jahrhunderts weltweit Treibhausgasneutralität zu erreichen.
Die G7-Außenminister gaben ihre Einigung auf einen Sieben-Punkte-Aktionsplan bekannt, der die "Risiken durch Klimawandel und Umweltzerstörung für Stabilität und Frieden" verringern soll. Der Plan sieht neben Klimaschutzmaßnahmen im eigenen Land mitsamt der Ausweisung von mindestens 30 Prozent aller Territorien zu Land und zu Wasser als Schutzgebiete auch die Unterstützung von Klima- und Artenschutz in anderen Ländern vor.
Außerdem sollen Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels ausgeweitet, Frühwarnsysteme verbessert und der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Umweltzerstörung auf der einen und Krisen und Konflikten auf der anderen Seite stärker berücksichtigt werden.
Deutschlands G7-Präsidentschaft in diesem Jahr wird wesentlich vom Ukraine-Krieg und seinen Folgen bestimmt. Unter anderem weil die Ukraine ein bedeutender Getreide-Produzent ist, hat der dortige Konflikt weitreichende Auswirkungen auf die Versorgungslage weltweit. Russlands Angriffskrieg hat G7-Ländern wie Deutschland außerdem ihre starke Abhängigkeit von klimaschädlichen fossilen Energieträgern vor Augen geführt.
yb/ck
© Agence France-Presse